Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit auf dem Markt für Ladestationen in der Schweiz?

Vor einigen Jahren ging es vor allem noch um die Frage, ob die E-Mobilität überhaupt kommt und später dann, wann sie denn nun endlich kommt. Heute geht es primär noch um die Frage wie die Skalierung und der flächendeckende Roll-out von Ladeinfrastruktur auf fast jedem der 5.1 Mio. Parkplätze in der Schweiz gelingen kann; dies auf struktureller sowie technischer Ebene, aber natürlich auch als Akteur.

Dabei geht es nicht nur um die Ladestationen an sich, sondern insbesondere auch um die fast gleich grosse Anzahl an Nutzern, die ihr E-Fahrzeug an den Infrastrukturen im privaten, geschäftlichen und öffentlichen Raum laden und ein erstklassiges Erlebnis von Anfang bis Ende erwarten, hier ist noch Luft nach oben.

Auch erweisen sich die Geschäftsmodelle in diesem hoch dynamischen Marktumfeld schwieriger als ursprünglich angenommen. Alles in allem stand es um die Schweizer E-Mobilität aber noch nie so gut wie heute und ich denke, die Branche hat die richtigen Lösungen parat und kann deshalb den Herausforderungen des Marktes optimistisch entgegensehen.


Wie wird sich der Schweizer Markt für Ladestationen in den kommenden zwei Jahren entwickeln?

Weiterhin schnell und mit grossen Zuwachsraten. Allerdings sind die sogenannten «low hanging fruits» beim Ausbau der Ladeinfrastruktur zunehmend geerntet. Trotz steigendem Bedarf sind gewisse Dämpfer in der Diffusionskurve zu erwarten. Einerseits wird das Energiesystem irgendwann erst lokal im Kleinen und dann regional im Grossen an seine Grenzen stossen respektive die Kosten der Erschliessung werden gesamtwirtschaftlich überproportional mit jeder weiteren Ladestation ansteigen; hier müssen zur Not auch durch politische Massnahmen entsprechende Finanzierungsansätze gefunden werden, um die Marktentwicklung weiterhin zu begünstigen. Andererseits erscheint es zentral, dass auf der Ebene des Gesetzgebers die bekannten Knotenpunkte, wie dass ich als Mieter:in oder Stockwerkeigentümer:in in den meisten Fällen grosse Mühe habe, die Erlaubnis zu erhalten, eine Ladestation installieren zu dürfen, gelöst werden. 


Was wünschen Sie sich von der Schweizer Elektro-Installations-Branche?

Die Elektro-Installations-Branche spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Energiewende und ist sicher als Schlüsselfunktion zu sehen. Wir stehen nicht nur im Bereich der Mobilität, sondern als gesamtes Energiesystem vor ernstzunehmenden Herausforderungen und bereits inmitten eines fundamentalen Paradigmenwechsels. Für die E-Mobilität im Speziellen steht uns auch in den kommenden Jahren ein gross angelegter Infrastruktur- und Betriebsausbau bevor. Ich wünsche mir, dass die Branche genügend qualifizierte Arbeitskräfte und Kapazitäten für diesen Wandel bereitstellen kann und ihre Dienstleistungen auch kosteneffizient anbietet, damit diese Transformation auch finanzierbar ist.


Bidirektionales Laden, Hype oder Zukunft?

Sowohl als auch.

Einerseits sind die systemischen Vorteile der Vehicle-to-Everything (V2X) Technologien evident und mittelfristig sinnvoll bis notwendig, um die immer grösser werdende Anzahl E-Fahrzeuge in das Energiesystem einzubinden. Dies z.B. im Eigenheim oder auf Quartiersebene in Kombination mit einer Solaranlage oder im Grossen im Sinne eines virtuellen Kraftwerks mit entsprechender Regelenergie auf makroperspektivischer Verteilnetzebene.

Auch wenn sich die Vorteile in der Theorie und auch in ersten Piloten abzeichnen, muss andererseits noch viel passieren, damit sich die Technologien von ihrer heutigen Innovations- in eine breit einsetzbare Reifephase und in einen Massenmarkt überführen lassen. Dazu braucht es den Willen und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den relevanten Akteuren aus Autoindustrie, OEMs, Netz- sowie Ladestationsbetreiber und insbesondere auch dem Gesetzgeber. Dabei wird es ein zentraler Punkt sein, auch die Geschäftsmodelle für die Akteure aufzuzeigen und natürlich auch die Endnutzer in die Überlegungen mit einzubeziehen. Wenn dies gelingt, sehe ich durchaus die Chance, dass sich auch bidirektionales Laden als eine der möglichen V2X-Technologien vom heutigen Hype zu einem konkreten Trend entwickelt.


Der Bundesrat hat die Förderung von privaten Ladestationen abgelehnt. Ihre Meinung dazu?

Die E-Mobilität ist kein privat finanzierter Selbstläufer mehr, auch wenn es manchmal so scheint. Die politischen Institutionen sind mehr gefordert denn je, schnellstmöglich aktiv zu werden, um den positiven Trend und Diffusionsprozess der Schweizer Mobilitätswende auch in Zukunft aufrecht erhalten zu können. Wir haben in der Schweiz die besondere Situation, dass einige private Akteure, zu denen auch Repower mit PLUG’N ROLL zählt, auch ohne finanzielle und politische Unterstützung den Aufbau der E-Mobilität gerade in den frühen Jahren aus einem Nachhaltigkeits- und Innovationsgedanken heraus sehr stark und auf eigene Kosten vorangetrieben haben.

Hinzu kam in der Bevölkerung die überdurchschnittliche Kaufkraft der Early Adopter, was sich positiv auf die die E-Fahrzeugkäufe auswirkte. Dies hat dazu geführt, dass die Elektromobilität in der Schweiz die Nische schneller verlassen hat als im europäischen Vergleich. Lediglich die skandinavischen Länder und Benelux Staaten - mit starker politischer Förderung – rangierten weiter vorne.

Aktuell ist zu beobachten, dass wir diese Position einbüssen und sich der Ladeinfrastrukturausbau proportional verlangsamt und wir von Staaten mit gezielten politischen Förderprogrammen abgehängt werden und auch nicht sicher ist, ob wir die CO2-Ziele des Pariser Abkommens erreichen. Um nun den Sprung von der Reifephase in den Massenmarkt zu schaffen und den damit einhergehenden umfassenden Ladeinfrastrukturaufbau zu finanzieren, braucht es aus meiner Sicht dringend Unterstützung in Form von konkreten finanziellen Förderprogrammen und sinnvolle strukturelle Massnahmen wie das «Recht auf Laden» auf Bundesebene.

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