Human Centric Lighting - Kriterien und Tipps
4 HCL-Experten beantworten 4 wichtige Fragen
Human Centric Lighting - Kriterien und Tipps
4 HCL-Experten beantworten 4 wichtige Fragen
Human Centric Lighting (HCL) ist in aller Munde, die Technologie findet immer mehr Anwendung. eTrends stellt deshalb vier HCL-Experten vier Fragen und erhält darauf je vier Antworten, die unsere Leser auch für ihre Argumentation nutzen können.
Redaktionelle Bearbeitung: eTrends
Human Centric Lighting, kurz HCL, liegt im Beleuchtungssektor aktuell sehr hoch im Trend. Es geht darum, dass Licht heute mehr bieten muss oder kann, als nur den Arbeitsplatz oder ein Spitalzimmer optimal auszuleuchten. Das Ziel von HCL ist es, das Licht in Innenräumen dem biologischen Rhythmus des Menschen anzupassen. Seine Wirkung leistet dadurch einen Beitrag für einen ausgeglichenen Biorhytmus und sorgt für zufriedene Mitarbeitende, die bei ihrer täglichen Arbeit optimal unterstützt werden.
Eine andere, auch sehr treffende Bezeichnung für diese Art Licht ist der englische Bergriff «Tunable White». Er bringt auf den Punkt, um was es technisch geht: Das Weiss in der Lichtfarbe dem Tagesverlauf anzupassen. Dazu wird die Farbtemperatur des von den leuchten abgegebenen Lichts von rund 2700 Kelvin, was in etwa der Lichtfarbe am Morgen entspricht, gegen Mittag auf ca. 6500 Kelvin angehoben und gegen Abend, zum Sonnenuntergang hin, wieder auf 2700 Kelvin gesenkt. Indem der blaue Anteil des Lichts am Abend reduziert oder ganz entfernt wird, wird der Körper nach der visuellen Aktivierung der Mittagszeit auf die anstehende Nacht vorbereitet. So ähnlich eben wie in der Natur.
Damit dies in der Praxis auch klappt, gilt es einige Punkte zu beachten. Eine umfassende Beratung und ein massgeschneidertes, professionell geplantes Beleuchtungskonzept bilden die unabdingbare Grundlage dafür, dass die dynamischen Beleuchtungsparameter optimal aufeinander abgestimmt und schliesslich alle Vorteile des Human Centric Lighting genutzt werden können.
Auf welche Kriterien Experten achten und welchen Rat sie unseren Lesern geben, lesen Sie im folgenden Interview. Wir haben vier Fachleuten dieselben vier Fragen gestellt zu den Vorteilen, den Einsatzgebieten, der passenden Steuerungstechnik sowie den Herausforderungen im Zusammenhang mit HCL-Anwendungen. Die 16 Antworten sollen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, helfen, ihre HCL-Projekte zu initiieren und Ihnen darüber hinaus Argumente für Ihre Kundenberatung liefern.
DANIEL CATHOMEN, Marketingleiter, Zumtobel Licht AG
Welches ist der grösste Vorteil von HCL?
Seit Urzeiten ist das natürliche Licht eine wichtige Quelle unseres Wohlbefindens und circadianen Rhythmus. Die heute verfügbare Technologie ermöglicht es uns, diese Qualität in den Innenraum zu bringen und dem Menschen das Licht zu bieten, das er von Natur aus erwartet.
Wo sind die optimalen Einsatzgebiete der Technologie?
Sinnvollerweise kommt HCL dort zum Einsatz, wo sich der Mensch über längere Zeiträume aufhält oder gesundheitliche Aspekte wichtig sind, allem voran in Industrie und Büro bzw. Pflegeheimen und Spitälern.
Wie siehst du die Thematik der Ansteuerung?
Die Technik muss dem Nutzer folgen und nicht umgekehrt. Teilautomatisierte und individuell abrufbare Stimmungen, verbunden mit einem klar verständlichen Bedienkonzept, sind der Schlüssel zur guten Lösung.
Wo liegen die Herausforderungen?
HCL beinhaltet keine Gefahren, sondern vor allem Nutzen für die Anwender. Bedingungen für den Erfolg sind eine saubere Planung und Inbetriebnahme.
Artikel zum Interview
DAS LICHT FÜR DEN MENSCHEN
Zumtobel Licht AG: Human Centric Light | ecoos
RETO HESS, Leiter Marketing und Vertrieb, O. Küttel AG
Welches ist der grösste Vorteil von HCL?
HCL ist ein Weg, die natürlichen Veränderungen der Lichtintensität und Farbtemperatur in Innenräume zu bringen, indem künstliches Licht das Tageslicht nachahmt. HCL rückt bei der Entwicklung von Beleuchtungsanlagen den Menschen ins Zentrum und zielt auf die Bereitstellung von optimierten Arbeits- und Lebensumgebungen ab. Da wir viel Zeit in Innenräumen verbringen, sind die Eigenschaften von künstlichem Licht signifikant. HCL-Lösungen können den Mangel an Tageslicht ausgleichen und zum natürlichen Tagesrhythmus des Menschen beitragen.
Wo sind die optimalen Einsatzgebiete der Technologie?
Human Centric Lighting bietet eine grosse Vielfalt an Anwendungsformen, doch jede Lösung muss an den spezifischen Bedarf des Kunden angepasst werden. Wir haben mehr als 70 Referenzprojekte mit Beleuchtungslösungen, die wir für Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Büros und Industriegebäude entwickelt haben.
Wie siehst du die Thematik der Ansteuerung?
Die Ansteuerung von Leuchten basiert schlussendlich immer auf dem DALI-Protokoll. Dennoch gibt es verschiedene Lösungen, das heisst, die Leuchten können klassisch mit Wandschalter, über das Smartphone, vollautomatisiert oder über alle drei angesteuert werden. Bei der HCL-Technologie steht jedoch immer eine vollautomatische Beleuchtung im Vordergrund, denn der Farb- und Intensitätswechsel sollen ohne manuelle Eingriffe möglich sein.
Wo liegen die Herausforderungen?
Darin, dass zwar ein gesundes Licht verkauft wird, jedoch nicht alle Leuchten und Treiber einem guten Licht entsprechen. Die Planung in solch einem Projekt ist sehr wichtig, weil alle Parameter übereinstimmen müssen, damit die HCL-Lösung bestmöglich zum Tragen kommt. Um eine effiziente Human Centric Lighting-Lösung zu installieren und zu programmieren, müssen vier Parameter sorgfältig beachtet werden:
Lichtspektrum, Intensität, Zeitpunkt und Dauer sowie Lichtverteilung. Nicht zu vergessen ist das Flicker-Verhalten der verbauten Treiber, die allenfalls einen unerwünschter Stroboskop-Effekt verursachen.
Artikel zum Interview
EINE KOMPLETTE LEUCHTENFAMILIE
Glamox Innenraumleuchten für Ihr HCL-Projekt
HARRY SCHULENBURG, Leiter Trilux Akademie Schweiz, TRILUX AG
Welches ist der grösste Vorteil von HCL?
Es deckt das angeborene menschliche Licht- und Dunkeheitsbedürfnis jederzeit zu 100 Prozent ab. Damit dies gelingt, müssen alle HCL-Faktoren berücksichtigt und ausbalanciert sein: Sehschärfe, Produktivität, Wahrnehmung, Biorhythmus, Stimmung und Nachhaltigkeit.
Welches sind die optimalen Einsatzgebiete für diese Technologie?
Es sind vier: Health & Care (Unfallprävention, chronobiologische Unterstützung), Education (Einsparungen bei ADHS-Behandlungen, mehr Aufmerksamkeit und Kreativität), Industrie & Office (weniger Unfälle und Abwesenheiten sowie Einsparungen bei Wartung und Elektrizität) sowie Retail & Shop (Verkaufsförderung, Wecken von Neugierde, längere Besuchs- und Verweilzeiten.
Wie siehst du die Thematik der Ansteuerung?
Es spielt aus meiner Sicht keine Rolle, welches System verwendet wird, wichtig sind die korrekte Einstellung und die Möglichkeit einer veränderbaren Lichtfarbenkurve, die nach einer oder mehreren Akzeptanzbefragungen nachjustiert werden kann!
Wo liegen die Herausforderungen?
Darin, dass sich die meisten Planenden noch nicht tiefgreifend mit dem Thema befasst haben und dass wir, die Industrie, des «plumpen Versuchs der Verkaufsförderung» verdächtigt werden. Also gilt es, das Wissen aus der 150-jährigen Entwicklung von HCL (es ist ja nichts Neues abgesehen von der Chronobiologie) an Planer, Unternehmer, Investoren und Nutzende zu vermitteln.
ROGER LAGGER, Leiter Verkauf, Firalux Design AG
Welches ist der grösste Vorteil von HCL?
Vereinfacht gesagt: die Sonne und den Himmel in den Raum zu holen. Dies insbesondere im Gesundheitsbereich, wo Menschen – sowohl PatientInnen als auch Personal – gezwungen sind, sich über lange Zeiträume ohne Verbindung zum Tageslicht in Räumen aufzuhalten und die deshalb keine Möglichkeit haben, den circadianen Rhythmus jeden Tag aufs Neue zu triggern (vgl. Medizin-Nobelpreis 2017).
Welches sind die optimalen Einsatzgebiete für diese Technologie?
Überall dort, wo Menschen im Innenbereich – entkoppelt vom natürlichen Verlauf des Tageslichts – sind (Stichwort: Indoor-Gesellschaft). HCL eignet sich für die Bereiche Gesundheit, Büro, Bildung, aber auch Hospitality, Retail und Museen.
Wie siehst du die Thematik der Ansteuerung?
Für einen holistischen Ansatz ist neben den lichttechnischen Möglichkeiten und Eigenschaften die Ansteuerung von essenzieller Bedeutung. Und hier wiederum nicht nur die technische Umsetzung und Bedienbarkeit (Stichwort: automatische Abläufe plus Möglichkeit der situativen Intervention), sondern auch die Nachbildung der Tagesverläufe.
Wo liegen die Herausforderungen?
Dass der Begriff unscharf bzw. missbräuchlich verwendet wird, nämlich für Leuchten/Lösungen, welche die für echtes HCL notwendigen und unumgänglichen Erfordernisse nur teilweise oder schlichtweg gar nicht erfüllen. Weiters wichtig: Grundziel muss Animation sein – und nicht Manipulation!
Artikel zum Interview
«SONNE» UND «HIMMEL» IM PATIENTENZIMMER
HCL-Lichtlösung von FIRALUX im Kantonsspital Luzern
Impressum
Autor: René Senn
Bildquelle: Diverse
Informationen
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