Was bewegt und was beschäftigt die Lernenden der Elektrobranche? Wir bringen Licht ins Dunkel und porträtieren in diesem Spotlight Thomas Neuhaus, der im 3. Lehrjahr bei Etavis die Ausbildung zum Gebäudeinformatiker Fachrichtung Gebäudeautomation absolviert. Im Betrieb wird er auch mal in der Fachrichtung Kommunikation und Multimedia eingesetzt, weil sich die beiden Richtungen an gewissen Punkten überschneiden.


Text: René Senn
Fotos: Michael Donadel


Wir haben Thomas Neuhaus und Patrick Bossard, den Leiter Berufsbildung von Etavis, auf einer Baustelle an der Wienstrasse in Basel getroffen.

Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?

(lacht) Gute Frage. Als ich in der 2. Sek. war, wäre ich nie auf Gebäudeinformatiker gekommen, weil ich damals bei einem Schreiner geschnuppert habe. Ich habe dort aber gemerkt, dass das Handwerkliche nicht so meins ist, und habe mich weiter umgeschaut. So bin ich auf Elektroplaner gekommen. Weil bei Etavis keine Lehrstelle für einen Elektroplaner frei war, wurde mir empfohlen, zuerst die Ausbildung zum Elektroinstallateur zu machen und danach die Weiterbildung zum Planer. Ich habe geschnuppert und von den Installateuren ein gutes Feedback bekommen. Aber kurz vor den Sommerferien riet mir Bossard zum Gebäudeinformatiker. Das war kurz vor knapp.

PATRICK: Genau. Das mit dem Gebäudeinformatiker ergab sich erst später. Wir wollten eine zweite Lehrstelle anbieten, damit die Berufsschulklasse gross genug wurde, haben uns umgeschaut, wer dafür in Frage käme und dachten, dass das eine Lehre für Thomas wäre.

THOMAS: Den Ausschlag gab auch, dass ich mir nicht vorstellen konnte, mit 50 noch in einer Werkstatt zu stehen. Deshalb dachte ich mir, ich mache besser etwas in Richtung IT, so kann ich auch im Büro arbeiten. Und es war eine gute Wahl.

Was schätzt du am meisten an deinem Beruf?

Ich lerne viele coole Leute kennen. Andere Lernende haben wohl nicht die Gelegenheit, Kaderleuten von EIT.swiss zu begegnen. Weil die Berufslehre neu ist, kommen sie bei uns noch in die ÜK, das machen sie bei den Elektroinstallateuren sicher nicht.

Mit dieser Lehre bist du auch ein bisschen Teil eines Experiments, macht dir das nichts aus?

Nein, aber man merkt es schon teilweise. Wir haben auch schon Module begonnen, die noch gar nicht schriftlich festgehalten waren, da ging es manchmal schon etwas harzig voran. Aber es ist spannend, das Ganze mitgestalten zu können, auch für die Lernenden, die nach uns kommen. Wir können ja auch unser Feedback direkt abgeben.

PATRICK: Martin Stalder von EIT.swiss hat jetzt mit den Umfragen an den Schulen und bei den Lernenden begonnen. Es ist ja für alle neu, auch für die Lehrpersonen. Auch die Orientierung an den Handlungskompetenzen ist neu, das war eine doppelte Herausforderung. Für die heutigen Lernenden stimmt es sicher gut, dass sie den Beruf mitgestalten und mitentwickeln können, das ist ja bei den «traditionellen» Berufen nicht der Fall.

Welche Starken kannst du in deinen Beruf einbringen?

Ich habe schon ein Grundwissen in IT mitgebracht, nicht in der Netzwerktechnik, aber generell. Ich hatte keine Mühe, elektronische Geräte wie ein Handy oder einen PC zu bedienen, obwohl ich meinen ersten eigenen PC erst Anfang der Lehre als Schullaptop erhalten habe. Ich habe einfach eine Affinität dazu und komme mit dem PC besser zurecht als beispielsweise mein Vater, der täglich damit arbeitet. Den ersten ungebrauchten, schön silbrig glänzenden Laptop in der Hand zu halten, der nur mir gehört, war schon ein spezieller, fast magischer Moment. Vorher gab mir mein Vater immer seine alten Geräte.

Was ist deine Lieblingsaufgabe?

Die Parametrierung beispielsweise von KNX und Netzwerkkomponenten. Für zwei oder drei Projekte konnten wir die gesamten WLAN-Ausbauten inklusive Switches, Firewall, Access Points usw. selbstständig von A bis Z, aber natürlich unter Aufsicht, aufsetzen. Wir verwendeten als Produkte Zyxel Firewall und Ubiquiti Access Points bzw. Produkte je nach Kundenwunsch.

Mit welchen Aufgaben kann man dich eher nicht motivieren?

Das Handwerkliche liegt mir wie gesagt nicht so. Am Computer kann ich fünfmal dasselbe machen, ohne dass es mich langweilt, auf dem Bau habe ich es manchmal schon nach der dritten Steckdose gesehen… Aber es muss halt gemacht werden. Repetitive Arbeit macht mir am Computer weniger aus.

PATRICK: Bei uns müssen die Automatiker auch ein halbes Jahr auf die Baustelle und dort Kabel ziehen. Das mag langweilig sein, aber es fördert das Verständnis bei jenen, die «nur» im Büro sind und oft etwas abschätzig zu den Leuten auf dem Bau sagen «mach doch mal, ist doch kein Problem ». Wenn man es selbst nicht gemacht hat, weiss man nicht, was es bedeutet. Deshalb bilden wir auch etwas über den Bildungsplan hinaus aus.

Wann fühlst du dich bei der Arbeit wertgeschätzt?

Von den Kunden, wenn sie auf die Baustelle kommen, sich die Arbeit anschauen und nicht wegen jeder Kleinigkeit meckern, die noch nicht ganz stimmt. Und von den Kollegen und vom Arbeitgeber, wenn wir nach einem Projekt zusammensitzen und in lockerer Runde besprechen, wie es gelaufen ist. Und natürlich, wenn ich ein Kompliment bekomme für meine Arbeit, die mir eventuell trotz widriger Umstände gut gelungen ist. Das ist immer wieder schön.

Gibt es eine besondere Erfahrung / eine Geschichte aus deiner bisherigen Ausbildung, die du mit uns teilen möchtest?

Das sind sicher die Begegnungen mit den Kaderleuten von EIT.swiss. Es bedeutet mir auch viel, dass ich mit den Leuten im Büro eng zusammenarbeiten kann. Ich denke, als Elektroinstallateur wäre ich von diesen Leuten «abgeschnitten». Ich bin mit allen in Muttenz per Du, wir verstehen uns gut und können uns gegenseitig Dinge fragen. Als Elektroinstallateur könnte ich wohl nicht einfach ins Büro stolzieren und die Leute anhauen.

Kommst du da nicht in eine privilegierte Rolle hinein, die die anderen nicht so cool finden?

Ja, das ist schwierig, aber ich bekomme das glaub hin. Ein Projektleiter hat mir auch gesagt, dass er die anderen Lernenden siezt, aber bei mir sei das Du ok.

PATRICK: Mit den Lernenden sind wir grundsätzlich per Sie, erst nach der LAP stossen wir miteinander an und duzen uns ab dann. Das ist jeweils ein spezieller Moment und so etwas wie ein Meilenstein. Aber auf dem Bau sind alle miteinander per Du, das war schon immer so.

Was macht dein Unternehmen besonders gut?

Es unterstützt die Lernenden sehr gut. Ich habe es bisher nicht in Anspruch genommen, aber es gibt viele Unterstützungsprogramme, z.B. für die Allgemeinbildung. Man kann überall fragen gehen. Wir hatten auch ein Einführungslager zu Lehrbeginn im Berner Oberland, an dem ca. 120 Lernende teilnahmen. Es ging dort hauptsächlich um Arbeitssicherheit.

PATRICK: Jetzt haben wir acht Tage Einführung, bevor die Lehre startet, zuerst drei Tage allgemeine Themen, danach fünf Tage praktische Arbeiten mit Schwerpunkt Arbeitssicherheit.

Stimmt der Lohn für dich?

Ich lebe ja noch bei den Eltern, die das meiste bezahlen.

PATRICK: Bei Etavis bekommen alle Lernenden in allen Berufen denselben Lohn. Das Geld ist ja auch nicht das Wichtigste, sondern die sonstigen Leistungen: Bei uns erhalten alle das regionale Abo für den ÖV, haben sechs Wochen Ferien, wir haben Beratungsdienste, Stützkurse und bieten Unterstützung für Berufsmeisterschaften. Das ist längst nicht bei allen Firmen so.

Welches ist für dich in der Elektrobranche die grösste Innovation der letzten Jahre?

Alle GA-Systeme. Die gibt es zwar schon länger, aber in den letzten Jahren haben sie nochmal einen technischen Sprung nach vorne gemacht. Das haben wir gerade im letzten ÜK in Luzern besprochen. Es soll schon bald ein Sensor auf den Markt kommen, der ohne Kamera Präsenz erkennen kann, der die Luftqualität, Luftfeuchtigkeit und Temperatur misst sowie fünf allgemeine Krankheitsbilder erkennt und dann die Empfehlung abgibt, doch mal zum Hausarzt zu gehen.

Was sollte die Elektrobranche aus deiner Sicht besser machen?

Sie sollte sich mehr um den Fachkräftemangel kümmern, dafür schauen, dass die Berufsausbildungen attraktiver werden und die Leute auch im Beruf bleiben. Dafür braucht es höhere Löhne, viele Elektroinstallateure verdienen wohl nicht gerade gut. Man spricht ja nicht darüber, aber was ich so von anderen Firmen gehört habe, arbeiten viele für einen Apfel und ein Ei. Zudem machen sie sich täglich auf dem Bau kaputt und erhalten nicht genügend Wertschätzung dafür, auch nicht von den Kunden. Viele Kunden halten die Arbeit für selbstverständlich und vergessen den Menschen dahinter. Es wird auf den Fehlern rumgehackt, statt zu sagen, dass etwas funktioniert und dass der Kunde zufrieden ist. Es fehlt manchmal das Miteinander.

PATRICK: Ich kann das bestätigen. Es muss einfach alles funktionieren, was dahinter steckt, ist den Kunden egal. Die Wertschätzung fehlt völlig.

Findest du, dass du einen modernen oder eher traditionellen Beruf erlernst?

Es ist ein modernisierter Beruf. Früher haben die Elektroinstallateure alles gemacht. Heute sollten sie alle Normen kennen und noch Logo, SPS und KNX installieren, das kann ja kein Mensch alles abdecken.

PATRICK: Das finde ich eine spannende Sicht der Dinge.

Findest du es schlimm, dass du nicht das ganze Wissen eines Elektroinstallateurs hast?

Ich bin ja auch auf der Baustelle und bekomme das Nötigste schon mit, im Gegensatz zu einem IT-ler, der nur im Büro ist. Ich finde die «Aufteilung» des Wissens gut. Ich muss wissen, wie etwas funktioniert und wo ein Kabel hingeht, aber nicht unbedingt, wie man es verlegt.

Hast du Kontakt zu Lernenden aus anderen Branchen?

Ich habe einen Kollegen, der Elektroinstallateur lernt. Da sehe ich, wie unterschiedlich die Philosophie und der Umgang untereinander in den einzelnen Unternehmen sein können. Ich kenne auch einen Polymechaniker. Die müssen sehr, sehr genau arbeiten, ich bin froh, dass das bei mir nicht so ist.

Was möchtest du zukünftigen Lernenden weitergeben?

Die Lehre ist schwierig, aber es lohnt sich. Es ist viel Schulstoff und auch viel Praxis, man lernt die drei Systeme Logo, SPS und KNX gleichzeitig, das ist nicht ohne. Man muss also etwas leisten wollen.

Was wirst du nach deiner Grundbildung machen?

Sicher zuerst mal das Militär. Danach weiss ich noch nicht, ob ich im Beruf bleibe oder eher Richtung IT gehe. Aber die Perspektiven sind sicher gut, weil es noch nicht viele Gebäudeinformatiker gibt, das macht die Stellensuche einfach. Ich glaube nicht, dass in den nächsten Jahren sehr viel mehr Gebäudeinformatiker ausgebildet werden. Ihr Markt sind ja hauptsächlich Bürogebäude, und irgendwann sind die alle automatisiert, da braucht es nicht unendlich viele Gebäudeinformatiker.

Wie gross ist dein Wissen in den Bereichen Netzwerk und Automation, wenn 100 top ist?

Bei Automation würde ich sagen etwa 60, weil ich noch nicht so viel Erfahrung damit habe. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich nicht sehr weit hinter den Kollegen herhinke, die viel auf diesem Gebiet arbeiten, das habe ich auch im letzten ÜK gemerkt. Bei Netzwerk 80 oder 90. Ich verstehe die Konzepte sehr gut, manchmal weiss ich einfach nicht, weshalb man bei einer Komponente etwas genau so einstellt und nicht anders.

In welchen Bereichen hast du als Person bereits etwas (einiges) lernen können?

In Sachen Sozialkompetenz. Vielleicht habe ich es auch im Volleyball gelernt, aber vor der Lehre hätte ich in diesem Interview keinen Ton herausgebracht. Jetzt kann ich mich selbstbewusst ausdrücken und meine Gedanken ordnen, bevor ich etwas sage. Das hilft mir auch mit Kunden, die sich beschweren.

Beschäftigt dich die allgemeine Weltlage?

Mittlerweile weniger. Wegen all der schlechten Nachrichten habe ich die meisten News-Apps gelöscht. So geht es mir auch besser, ich muss nicht alles Schlechte wissen, das auf der Welt passiert. Die Medien fokussieren auch zu stark aufs Negative.

In den sechs Beiträgen im Jahr 2024 stehen vielversprechende und aufstrebende Talente der Elektrobranche im Mittelpunkt. Was denken sie, was erwarten sie, wie sehen sie die Branche? Lernen Sie, liebe Leserinnen und Leser, Persönlichkeiten kennen, die die Zukunft unserer dynamischen, spannenden und sehr zukunftsfähigen Branche mitgestalten werden. Alle porträtierten Lernenden tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, dass die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Schweiz in Angriff genommen werden kann.

Dies oder das?

Starkstrom oder Schwachstrom?

Schwachstrom

Auto oder Handy?

Handy, Autos interessieren mich nicht.

Mehr Geld oder mehr Ferien?

In der Lehre sicher noch die Ferien, weil es etwas hart war, nach den 13 Wochen während der Schulzeit nur noch 5 Wochen zu haben.

Sport oder chillen?

Kommt drauf an, was man unter Chillen versteht. Ich mache auch noch Computerspiele. Also chillen und Sport.

Insel oder Grossstadt?

Insel. Grossstädte sind laut und stinken.

Stadt oder Land?

Land.

Film oder Serie?

Ich schaue lieber Serien, weil man die Charaktere besser kennen lernt und quasi eine Beziehung zu ihnen aufbaut.

Ananas auf Pizza – weg oder schmeckt?

Auf jeden Fall weg damit.


Vorname: Thomas

Name: Neuhaus

Alter: 18

Hobbies: Volleyball, Computergames

Lieblingsmodul Berufsschule: letzter ÜK zum Thema GA

Lieblingsformel in der Elektrotechnik: U=R*I

Wunschnote Abschlussprüfung: 5.0

Zeit am Smartphone pro Tag: 3 h, inkl. Musikhören

Wunschnote Abschlussprüfung: 4,8 bis 5

Lieblingsbuch/-film/-serie: Supernatural, die hat 15 Staffeln : )

Dein meistgehörter Song in diesem Jahr? Indifferent

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Der Nachwuchs ist eine Investition in die Zukunft! Die nachfolgenden Firmen unterstützen die Nachwuchsförderung im Rahmen der Aktion «Wir sind Zukunft» von EIT.swiss in Zusammenarbeit mit eTrends:

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