Ein Beruf mit Zwang zur Digitalisierung

Ein Beruf mit Zwang zur Digitalisierung
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Der Beruf des Elektroinstallateurs bleibt von den Auswirkungen des technischen Wandels nicht verschont. Der Branche steht in absehbarer Zukunft eine grosse Umwälzung bevor. Wie sich das Berufsbild verändern wird, ist aber noch unklar.
Abwaschmaschine, Kühlschrank oder Fernsehgerät, sie alle müssen mit Strom versorgt werden. Für den Aufbau und Unterhalt von elektrischen Installationen sind Elektroinstallateure verantwortlich. Auch Gebäudeautomations- und Kommunikationsanlagen fallen in ihren Zuständigkeitsbereich. Es ist ein anspruchsvoller Beruf, denn hinter Steckdosen verbergen sich komplexe Leitungsnetze, die hohe Anforderungen an die Berufsleute stellen.
Digitalisierung macht der Branche zu schaffen
Doch das Schicksal der Elektroinstallateure ist ungewiss. Nicht, weil den Bauunternehmen die Arbeit für sie ausgeht, im Gegenteil. «Als gelernter Elektroinstallateur findet man immer einen Job, wenn man will, das ist der grosse Vorteil des Berufs», sagt Jürg Felix, Projektleiter Berufsbildung beim Verband Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen (VSEI). Kopfzerbrechen bereitet der Branche jedoch die Digitalisierung und der damit verbundene technische Wandel.
Automationen verbreiten sich im Bereich der Elektroinstallationen immer mehr. Die Ansprüche an die junge Generation steigen stetig. «In den letzten fünf Jahren hat sich im technischen Bereich extrem viel getan», sagt Gabriele de Giorgi, Elektroinstallateur bei der e.e.com Elektroanlagen AG. «Strom braucht man zwar immer noch, aber nur schon im Bereich von Schaltungen hat sich sehr viel verändert. Und der Trend wird auch in den nächsten Jahren immer mehr Richtung Automationen gehen.»
Pius Nauer, stellvertretender Direktor der Schweizerischen Technischen Fachschule Winterthur (STFW), fügt hinzu: «Die Schwierigkeit ist, dass sich der Beruf nicht nur immer weiterentwickelt, sondern auch immer breiter wird.» Das Arbeitsumfeld, in dem sich Elektroinstallateure bewegen, sei gewachsen. «Die Frage ist, ob man überhaupt überall noch Spezialist sein kann.»
Neues Ausbildungskonzept in Arbeit
Um mit dem technischen Wandel Schritt zu halten, setzt sich der VSEI noch in diesem Jahr mit einer Revision des Bildungsplans auseinander, mit dem Ziel, ein neues Ausbildungskonzept zu erarbeiten. «Es könnte sogar zu einer Totalrevision der Bildungsverordnung kommen», sagt Jürg Felix.
Bis Ende Jahr soll der VSEI in Partnerschaft mit Unternehmen und den Lernorten zu einem Konsens gelangen, um ein Ausbildungskonzept zu erstellen, mit dessen Stossrichtung alle Parteien einverstanden sind. Denn in einem Beruf, in dem der technologische Wandel die Ansprüche immer höher hebt, müssen sich nicht nur Verband und Arbeitgeber einig sein, sondern es stehen auch die Ausbildungsinstitutionen in der Pflicht. Sie sind es, die die Berufsleute in Grund-, Aus- und Weiterbildungen bestmöglich auf ihre Arbeit vorbereiten müssen.
Momentan beginnen die Lernenden ihre Ausbildung in einer vierjährigen Grundlehre. Dort werden die angehenden Elektroinstallateure in Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz geschult. Danach stehen ihnen viele verschiedene Möglichkeiten offen, von der höheren Berufsbildung über Fachhochschulen oder höhere Fachschulen bis hin zu Lehrgängen der Weiterbildung.
Beruf im Umbruch
Dieser Ausbildungsweg könnte mit der Revision des Bildungsplans aber bald Geschichte sein. Der Verband und die Schulen können sich eine Umwälzung vorstellen. «Wenn der Beruf stetig breiter wird, kann man den Lernenden nicht immer mehr Stoff aufzwingen. Ich könnte mir deshalb vorstellen, dass sie sich nach einer Grundausbildung auf einen bestimmten Bereich spezialisieren», sagt Nauer.
Das sieht auch Jürg Felix so: «Es könnte sein, dass die vierjährige Lehre modularisiert und fachrichtungsbezogen strukturiert wird. Die Elektroinstallateure könnten sich dann einem Fachbereich widmen, mit dem sie sich in der weiteren Ausbildung eingehend beschäftigen. Die Grundbildung würde wie bisher durch eine drei- und künftig eventuell sogar durch eine zweijährige Lehre ergänzt.»
Felix betont, dass noch nichts in Stein gemeisselt ist. Der 63-Jährige weiss aber, dass nicht nur der Beruf des Elektroinstallateurs wegen der Digitalisierung vor einem grossen Umbruch steht: Erst kürzlich hat der VSEI anlässlich der alle fünf Jahre anstehenden Überprüfung der Bildungspläne die Grundbildung Telematiker/in EFZ völlig neu konzipiert. Künftig können Lernende eine vierjährige Ausbildung im Bereich der Gebäudeinformatik machen. Erste Lernende starten gemäss dem Verband ab 2021 mit der neuen Ausbildung. Eine solche Totalrevision ist auch bei den Elektroinstallateuren möglich.
Doch noch ist das Zukunftsmusik. Geplant ist, dass das neue Ausbildungskonzept in rund einem Jahr steht. Ein Lehrbeginn wäre dann frühestens im Jahr 2022 möglich. Geht alles nach Plan, würden die ersten Lernenden 2026 ihre Lehre gemäss dem neuen Konzept abschliessen.
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Autor: Oliver Meier
Olivier Meier studiert Journalismus im Bachelorstudiengang Kommunikation am Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM. Der Artikel entstand in der Werkstatt «Multimediale Produktion», in der Studierende Beiträge für die Praxis erarbeiten.
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