Seit 26 Jahren in der Schweiz lebend, verweile ich im Wartemodus: Wann kommt der Durchbruch dieser Technologie? Mein 17-jähriger Karriereweg im Bereich Gebäudeautomatisierung und Energiemanagement führte mich von Siemens über ABB bis zu Feller bzw. Schneider Electric – meist in der Funktion des Verkaufs- und Marketingleiters. Dazu gehört es, dem Kunden Produkte und Lösungen näher zu bringen.

Reiner Hoffmann, Feller
Reiner Hoffmann: Als Fachmann plädiert er für professionelle Connected Homes für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz.

Statt «Smart Home» bevorzuge ich die Bezeichnung «Connected Home» als korrekte Definition der gängigen Lösungen. Smart werden Applikationen erst, wenn das Gebäude intelligent agiert und konkreten Mehrwert in den Alltag bringt. Intelligentes Wohnen ist zum Hype geworden – aber wo bleibt der überzeugende Zusatznutzen? Viele sogenannte Smart Homes lassen sich per App bedienen, etwa zur Steuerung von Licht, Storen und Multimedia. Aber ist das nun eine smarte und wegweisende Neuerung oder letztlich doch nur Spielerei? Ich tendiere zu Letzterem. Mein Schlüsselerlebnis: Während eines Messegesprächs erklärte ich einem Elektriker, dass er Siri nun instruieren kann, das Licht einzuschalten. Seine verdutzte Antwort: «Und wozu? Ich kann doch auch einfach den Taster drücken.»

Klingt das zu kritisch? Viele Leser werden mich vielleicht für abgehoben halten. Aber steigen wir tiefer in die Materie ein und schauen uns auch Lösungen an, die für mich kein smartes Ziel erreichen. In der Welt der Smart Homes, als Marktsegment zwischen KNX und konventioneller Installation, gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Wohnung in ein «Connected Home» zu verwandeln.

Stufe 1: Do-it-yourself-Lösungen

In den meisten Fällen verleiht ein schaltbarer Zwischenstecker mit integriertem WLAN oder Bluetooth den angeschlossenen Elektrogeräten einen gewissen Grad an Intelligenz. Damit einher geht die Verbindung zu einem Tablet oder Smartphone. Die Steuerung der angeschlossenen Apparate erfolgt über die dazugehörige App. Ich bezeichne diese Lösung gerne als «das fliegende Smart Home». Beim Umzug kann alles mitgenommen und später wie gehabt eingesetzt werden.

Stufe 2: Lösungen der Internet-Giganten

Google, Apple & Co. schaffen ihr eigenes Ökosystem, um uns noch enger an sich zu binden. Grundsätzlich sind diese Lösungen nicht viel intelligenter als die Applikationen in Stufe 1, aber sie generieren einen beachtlichen Datenpool. So lernen die Anbieter noch mehr über unser Verhalten und können uns noch gezieltere Werbung unterbreiten. Sprachsteuerung und Anbindung an Internetbezahldienste sind inklusive. Eine smarte Idee – die Frage ist nur, für wen.

Stufe 3: Gebäudeautomatisierung

Die Systeme renommierter Hersteller leiten ihre Lösungen aus eigenen Erfahrungen im Bereich der kommerziellen Gebäude ab. Der Anspruch der Nutzer: Gebäudeautomatisierung. Es soll sich selbstständig lüften, heizen, kühlen und so den Bewohnern höchsten Komfort bieten – und das bei maximaler Energieeffizienz und ohne Komforteinbussen. Das ist die Kernaussage, die ein smartes Gebäude definiert. Es handelt in unserem Interesse und nimmt uns die Aufgabe der Steuerung ab. Nicht bedienen, sondern bedienen lassen – mit dem Ziel, das optimale Ergebnis zu erreichen. Das Gebäude ist uns wie von Geisterhand gesteuert zu Diensten und lernt dank Algorithmen ständig dazu.

«Nicht bedienen, sondern bedienen lassen. Das Gebäude ist uns wie von Geisterhand gesteuert zu Diensten und lernt dank Algorithmen ständig dazu.»

Was bedeutet das für das Einfamilienhaus oder die Wohnung?

Wenn wir trotz verlorenem CO2-Referendum alles daransetzen, ohne Komforteinbussen energieeffizienter zu werden, dann müssen Gebäude künftig Ladestationen, Wärmepumpen und Photovoltaik koordinieren. Gut gedämmte Passivhäuser müssen intelligent belüftet und beschattet werden. Alle diese Aufgaben muss die Gebäudeautomatisierung smart lösen.

Die Basis hierfür ist das «Connected home», das schon heute mit Softwarelösungen gesteuert werden kann. Anhand des Datenpools lassen sich Analysen erstellen, die das Gesamtsystem ständig optimieren. Lichtsteuerung und Multimedia bleiben dann das Spielfeld Ihres Smartphones. Nur unter diesen Bedingungen werden Smart Homes den Markt erobern. Die anderen genannten Lösungen haben auch ihre Berechtigung, sie sind aber ungeeignet, um die komplexen Anforderungen der Zukunft zu lösen.

Vielleicht habe ich Sie überzeugt und Sie suchen nun nach der passenden Lösung? Natürlich eine von Feller! Spass beiseite. Technologisch ist der KNX-Standard immer eine gute Wahl. Der Trend geht aber hin zu ganzheitlichen IoT-Lösungen wie EcoStruxure von Schneider Electric oder Wiser by Feller. In Zukunft werden sich diese Standards weiter annähern: Hersteller öffnen ihre APIs, und die beste Lösung wird eine Kombination aus vielen Produkten sein.

Mein Tipp an Endkunden

Lassen Sie sich von unseren gut ausgebildeten, kompetenten Handwerkern beraten. Sie klären individuelle Bedürfnisse ab und finden die passende Lösung. Natürlich können Sie auch im Baumarkt ein «fliegendes Smart Home» kaufen. Vielleicht motiviert Sie das Ausprobieren dazu, in eine höherwertige Lösung zu investieren. Ein letztes Wort: Bitte denken Sie auch an die Cybersecurity, sonst steuert am Ende ein anderer Ihr Haus.

Zur Person Reiner Hoffmann

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