HOHE EINSCHALTSTRÖME KONTROLLIEREN
WIESO UND WIE HOHE EINSCHALTSTRÖME ENTSTEHEN
Elektroheizungen aller Art verfügen über ein Widerstandsmaterial, bei dem der Einschaltstrom annähernd dem Nennstrom entspricht. Bei Motoren führt der hohe Einschaltstrom normalerweise zu keinem Problem, bei ihnen ist eher das Ausschalten kritisch, weil der Lichtbogen die Kontakte verbrennt. Bei Ringkerntrafos entstehen wegen der möglichen Sättigung des Eisens im Einschaltmoment riesige Einschaltströme bis zum 30-fachen Nennstrom, und dies für mehrere Millisekunden. Bei LED-Lampen und einfachen Netzteilen kann für zig Mikrosekunden der 50-fache Nennstrom entstehen.
Bei elektronischen Vorschaltgeräten, Computernetzteilen und Ladegeräten bis zu einer Nennleistung von 25 W darf die Elektronik sehr einfach ausgeführt sein. Stellvertretend sei hier die Elektronik einer LED-Filamentlampe ohne Eingangsfilter gezeigt (Abbildung). Die Netzspannung wird über einen Grätzgleichrichter geführt, der die Gleichspannung auf einen Elektrolytkondensator C bringt. Ist C entladen, und es wird im Spannungsmaximum eingeschaltet, führt dies zu einem extremen Einschaltstrom.

Weil gewisse Verbraucher ausserordentlich hohe Einschaltströme produzieren, muss man diese in den Griff bekommen. Es bieten sich verschiedene Möglichkeiten an:
Es gibt Relais mit einem ganz speziell aufgebautem Kontaktsystem. Dieses beherrscht für sehr kurze Zeit den 50-fachen Nennstrom. Wie ist das möglich? Im Nennbetrieb muss der Durchgangswiderstand der Kontakte sehr gering sein, weil sonst eine zu grosse Verlustleistung entsteht. Typischerweise kommt als Kontaktmaterial Silber-Zinnoxid zum Einsatz (AgSnO2). Ein sehr hoher Einschaltstrom führt beim ersten Berühren der Kontakte zu einem sehr schnellen Aufheizen der noch kleinen Kontaktflächen und damit zur lokalen Verflüssigung des Kontaktmaterials. Sind die Kontakte dann vollständig geschlossen, sind sie verschweisst.
Die Lösung besteht im Arbeiten mit zwei Kontakten. Zuerst schliesst der Wolfram-Kontakt. Er verschweisst nicht, denn Wolfram schmilzt erst bei 3400 °C. Beispielsweise kann der Wolframkontakt des RT.3T-Relais von Schrack (folgende Abbildung Kontaktsystem RTX) mit 16 A Nennstrom während 20 ms 165 A und während 200 μs 800 A führen. Viele Anbieter von Bewegungsmeldern und Interface-Modulen setzen diese Relais ein. Das patentierte Relais beherrscht also riesige Einschaltströme, verringert sie aber nicht. Grosse Einschaltstromstösse mit steilen Flanken können EMV-Störungen verursachen.

Hohen Einschaltstrom begrenzen
Der Einschaltstromstoss lässt sich stark reduzieren, wenn bei elektronischen Netzteilen in die Zuleitung zuerst ein Widerstand geschaltet und nach wenigen Millisekunden überbrückt wird. Teilweise wird noch einfacher gearbeitet. Es wird ein Widerstand mit stark negativem Temperaturkoeffizienten (NTC) in Serie zur Last geschaltet. Im ersten Moment ist der NTC hochohmig und begrenzt so den Einschaltstrom, wird aber schnell heiss und reduziert seinen Widerstand um das 15-fache. Natürlich ist der NTC immer in der Zuleitung, und folglich werden bei eingeschalteter Last dauernd Verluste produziert.
Wird die Spule eines Relais angesteuert, schliessen die Kontakte verzögert, je nach Relaistyp 5 ... 20 ms. Diese Verzugszeit kann der Prozessor natürlich berücksichtigen und die Relaisspule so ansteuern, dass die Kontakte im Netz-Spannungsnulldurchgang schliessen. Die verblüffende Wirkung eines Relais, das im Nulldurchgang schaltet, lässt sich am besten anhand konkreter Messungen zeigen. Die folgenden Diagramme zeigen, was passiert, wenn im Spannungsmaximum eine Halogenlampe von 200 W und eine Sparlampe von 23 W eingeschaltet werden. Der Stromstoss bei der Sparlampe ist äusserst kurz, aber sehr gross. Bei der Halogenlampe dauert der hohe Stromstoss zirka 5 ms. Diese Zeit reicht aus, um mit einer Halogenlampe von 500 W einen Leitungsschutzschalter 10 A vom Typ B auszulösen. Wird hingegen im Nulldurchgang geschaltet, sehen die Verhältnisse viel besser aus. Bei der Halogenlampe ist die erste Halbwelle etwa dreimal so hoch wie der Betriebsstrom, das lässt sich nicht umgehen. Bei der Sparlampe hingegen ist praktisch keine Stromerhöhung festzustellen.
Wird ein Ringkerntrafo im Nulldurchgang eingeschaltet, geschieht das Gegenteil, es tritt ein riesiger Stromstoss auf, weil der Eisenkern in Sättigung gerät. Ringkerntrafos sollten nicht im Nulldurchgang eingeschaltet werden, der Einschaltstromstoss ist über einen Widerstand zu begrenzen.

Nulldurchgangsschaltung
Bei Schrittschaltern, Treppenlichtzeitschaltern, Bewegungsmeldern oder Interface-Relais kommen Mikrocontroller zum Einsatz. Letztere übernehmen nebst vielem anderen auch das Schalten im Spannungsnulldurchgang. Über einen Optokoppler erfasst der Prozessor den Verlauf der Netzspannung und berücksichtigt die Verzugszeit der Relaisspule. Obwohl teilweise nur Relais mit 10 A zum Einsatz gelangen, können Leuchten mit riesigen Einschaltströmen bedient werden. Kommt zusätzlich ein bistabiles Relais zum Einsatz, beträgt der Leistungsverbrauch nur gerade 0,1 W, weil die Spule nur beim Schalten 0 > 1 oder 1 > 0 Strom braucht. Die Elektronik ist in der Lage, dank dieser sehr geringen Verlustleistung mit 8 ... 230 VAC und VDC zu arbeiten.
Auch Theben HTS bietet mit den Treppenlichtzeitschaltern Elpa universelle Einsatzmöglichkeiten. Egal, ob ein Treppenlichtzeitschalter mit oder ohne Ausschaltvorwarnung, Langzeitfunktionen, vorzeitiger Ausschaltmöglichkeit oder andere Funktionen benötigt wird, ist alles mit einem einzigen Gerät möglich. Die wirkliche Spezialität ist aber auch bei diesen Geräten die Nulldurchgangsschaltung beim Relais.
Industrie bietet Lösungen gegen hohe Einschaltströme an
Die schöne Seite von LED-Lampen ist der effiziente Einsatz der wertvollen elektrischen Energie. Die Kehrseite sind meistens nichtsinusförmige Betriebsströme und sehr hohe Einschaltströme. Die Industrie hat diese Problematik natürlich erkannt und bietet mit Spezialrelais, die hohe Einschaltströme vertragen, mit Einschaltstrom-Begrenzern oder mit der elegantesten Methode, dem Schalten im Spannungsnulldurchgang, Lösungen an.

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