Sicherer Umgang mit Asbest

Risiken, rechtliche Grundlagen und Vorgehen bei Asbestverdacht

Sicherer Umgang mit Asbest

Risiken, rechtliche Grundlagen und Vorgehen bei Asbestverdacht

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Seit rund dreissig Jahren besteht in der Schweiz ein weitgehendes Asbestverbot. Dennoch gibt es nach wie vor Gebäude, die damit kontaminiert sind. Grund genug, um im Folgenden die wichtigsten Grundsätze im Umgang mit Asbest noch einmal in Erinnerung zu rufen.


Autor: Thomas Hausherr, electrosuisse

Redaktionelle Bearbeitung: eTrends


Spritzasbest darf seit 1975 in der Schweiz nicht mehr verwendet werden. 15 Jahre später, am 1. März 1990, trat ein Asbestverbot gemäss der Verordnung über umweltgefährdende Stoffe (SR 814.013, StoV) in Kraft, die die Verwendung der meisten asbesthaltigen Erzeugnisse und Gegenstände untersagte. Für bestimmte Anwendungen sah die StoV Übergangsfristen bis 1. Januar 1995 vor. Seit diesem Zeitpunkt gilt in der Schweiz ein umfassendes Asbestverbot, zehn Jahre später zog die EU nach. In vielen Ländern wie z. B. Russland und China darf Asbest noch heute verwendet werden.

Gesundheitliche Risiken

Asbest ist dann gefährlich, wenn er eingeatmet wird. Aufgrund ihrer kristallinen Struktur neigen Asbestfasern dazu, sich in immer dünnere Fasern aufzuspalten. Diese Fasern werden vom Organismus kaum abgebaut oder ausgeschieden. Bereits kleinste Mengen Asbeststaub können zu grossen gesundheitlichen Problemen führen, die hauptsächlich die Lunge sowie das Brustfell betreffen und zum Teil krebsartiger Natur sind.

Asbest wird mit gutem Grund als der «schleichende Tod» bezeichnet, erkranken doch Betroffene oft erst nach einer Latenzzeit von 15 bis über 40 Jahren. Die Todesfälle, die eindeutig Asbest zugeordnet werden können, steigen seit Jahren trotz des seit 30 Jahren geltenden Asbestverbots und machen heute mehr als 60 Prozent der berufsbedingten Todesfälle aus. Die effektive Zahl der Asbesterkrankungen kann nicht eruiert werden, und Experten gehen von einer sehr hohen Dunkelziffer aus. Zurzeit stirbt jeden zweiten Arbeitstag eine Person an einer eindeutig zugewiesenen Asbesterkrankung.

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Asbest ist allgegenwärtig

In der Schweiz ist es seit 1990 verboten, Asbest zu verwenden oder zu verkaufen. Aufgrund seiner Langlebigkeit und der Tatsache, dass es keine Pflicht zum Entfernen asbesthaltiger Materialien gibt, ist Asbest immer noch allgegenwärtig. Eine Asbestsanierung muss nur dann vorgenommen werden, wenn eine unmittelbare Gefährdung durch Asbestfasern besteht.
In älteren Wohnbauten kommt Asbest in sehr vielen Gebäudeteilen vor wie zum Beispiel in Leichtbauplatten, die häufig unter FL-Armaturen verbaut wurden. Viele ältere Elektrogeräte wie Speicheröfen enthalten asbesthaltige Werkstoffe. Elektrokanäle und brandhemmende Abdeckungen von Schaltgerätekombinationen bestehen häufig aus Asbestzement. Auskleidungen von Elektroeinlasskästen enthalten ebenfalls Asbest. Asbest wurde auch in Verputzen, Bodenklebern und an ganz viel anderen Orten verbaut.

Sicherer Umgang mit Asbest

Schon bei einer kleinen Beanspruchung können feine Asbestfasern freigesetzt werden, die den ganzen Raum bzw. die Umgebung über längere Zeit kontaminieren. Deswegen gelten für Asbestarbeiten strengste Vorsichtsmassnahmen.

Rechtliche Grundlagen

Die Werkeigentümerhaftung nach Art. 58 OR verpflichtet Hausbesitzer, Personen, die sich in ihren Gebäuden aufhalten, vor Schaden und Gefährdungen zu schützen. Unternehmer haften für alle Schäden, die durch ihr Handeln verursacht wurden, unabhängig davon, ob sie selbst gearbeitet oder einen Arbeitnehmer eingesetzt haben (Art. 41, 97 und 101 OR). Schäden, die durch Asbest verursacht wurden, sind von Versicherungsleistungen ausgeschlossen.
Gefährlich wird es, wenn Asbestprodukte nicht erkannt und ohne ausreichende Schutzmassnahmen bearbeitet werden. Bei jeder Arbeit, bei der eine Asbestgefahr nicht ausgeschlossen werden kann, sind die Verantwortlichen nach Art. 3.1 BauAV verpflichtet, Asbestproben zum eigenen Schutz sowie zum Schutz der Bewohner zu entnehmen.

Beispiel

Sie öffnen ohne Schutzmassnahmen eine Elektroverteilung, die Asbestfasern enthält. Der Kunde erkrankt wenige Jahre später an Krebs und kann nachweisen, dass Sie die Verteilung ohne Schutzmassnahmen geöffnet haben. Da Sie als Unternehmer bei nachlässigem Umgang mit Asbest schadenersatzpflichtig werden, haften Sie für diesen Schaden bzw. für allfällige Folgekosten.

Artikel 3.1 Bauarbeitenverordnung (SR 832.311.141, BauAV, verbindlich seit 1. 1. 2009)

Besteht der Verdacht, dass besonders gesundheitsgefährdende Stoffe wie Asbest oder polychlorierte Biphenyle (PCB) auftreten können, so muss der Arbeitgeber die Gefahren eingehend ermitteln und die damit verbundenen Risiken bewerten. Darauf abgestützt, sind die erforderlichen Massnahmen zu planen. Wird ein besonders gesundheitsgefährdender Stoff im Verlauf der Bauarbeiten unerwartet vorgefunden, sind die betroffenen Arbeiten einzustellen und der Bauherr zu benachrichtigen.


Vorgehen bei Asbestverdacht

Feststellen

Weil gesicherte Erkenntnisse über die frühere Verwendung von Asbest in Innenräumen fehlen, muss spätestens vor der Bearbeitung von Materialien abgeklärt werden, ob sie Asbest enthalten. Bei Unsicherheiten entnehmen Sie eine Materialprobe und senden sie ans Labor zur Abklärung. Eine Liste mit spezialisierten Labors finden Sie unter Forum Asbest Schweiz.

Handeln

Beginnen Sie erst mit den Arbeiten, wenn keine Asbestgefahr vorliegt, das Gebäudeteil asbestsaniert wurde oder Sie sich und Ihre Umwelt mit Schutzvorkehrungen gegen Asbest schützen können. Wenden Sie Schutzmassnahmen an und vergewissern Sie sich, dass die getroffenen Massnahmen auch die richtigen sind.

Achtung!

Ein Elektroinstallateur darf nicht jede Arbeit mit Asbest ausführen. Die Suva unterscheidet hier drei Gefährdungsstufen: Keine unmittelbare Gefährdung, erhöhte Gefährdung und grosse Gefährdung («Asbest erkennen – richtig handeln»). Alle Arbeiten der höchsten Gefährdungsstufe, bei denen erhebliche Mengen gesundheitsgefährdender Asbestfasern freigesetzt werden können, dürfen nur von Suva-anerkannten Asbest­sanierungs­unternehmen ausgeführt werden.

Schützen

Als Arbeitgeber und Vorgesetzter tragen Sie die Verantwortung gegenüber Ihren Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden, die Sie entsprechend professionell vor Asbestgefahren schützen müssen. Dazu gehört auch eine Aufklärung über das Gefahrenpotenzial.


Aus- und Weiterbildung

Es gilt, die Mitarbeitenden für den sicheren Umgang mit Asbest zu sensibilisieren, indem sie bezüglich Schutzmassnahmen und den sachgemässen Arbeitsmethoden geschult werden. Ebenso ist eine fortlaufende Ausbildung der Mitarbeitenden zu gewährleisten. EIT.swiss z. B. bietet Kurse zu asbesthaltige Elektroinstallationen an. Viele Informationen zum Thema Asbest finden sich auch in den Broschüren der Suva, EKAS und namentlich in der Publikation «Asbest erkennen, beurteilen und richtig handeln» von EIT.swiss.

Fazit

Arbeiten ohne Schutzmassnahmen an Stoffen mit Asbest sind verboten. Bei Unsicherheiten, ob ein Stoff wie ein Verputz, Plattenkleber usw. Asbest enthalten kann, müssen vor jeder Arbeit Asbestproben unter Einhaltung der eigenen Sicherheit genommen werden. Ein Labor prüft die Probe auf ihren Asbestgehalt.
An Eternitverteilungen dürfen keine Arbeiten ausgeführt werden, ausser es wird mit entsprechender Schutzkleidung und Schutzmassnahmen (Staubsauger mit H-Filter) gearbeitet. Eine Eternitverteilung darf ohne entsprechende Schutzmassnahmen nicht mehr geöffnet werden.
Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit Asbest und zögern Sie nicht, bei Asbestverdacht Stopp zu sagen und eine Asbestabklärung vorzunehmen. Für Versäumnisse können Sie zur Rechenschaft gezogen werden.

Vorbildliche Handwerker rechnen die Entnahme einer Asbestprobe in ihre Offerte ein.


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