Tageslicht ist weit mehr als Gestaltung – es verbessert Raumqualität, fördert Gesundheit und senkt den Energiebedarf. Die Norm SN EN 17037 schafft erstmals europaweit Standards für die Tageslichtplanung und unterstützt nachhaltiges, komfortables und effizientes Bauen.
Autor: Paul Schöni, Velux Schweiz AG
Bilder: Velux Schweiz AG
Mit der Norm SN EN 17037 «Tageslicht in Gebäuden» wurde 2019 ein europaweit einheitlicher Standard für die Tageslichtplanung eingeführt. Sie definiert klare Kriterien für die Bewertung und Integration von Tageslicht in Innenräumen und stellt damit einen Meilenstein für die moderne Architektur und Gebäudetechnik dar.
Seit Februar 2025 ergänzt die Wegleitung SIA 4004:2025 diese Norm und bietet praxisnahe Hinweise zur Anwendung der vier Bewertungskriterien: Tageslichtversorgung, Aussicht, Besonnungsdauer und Schutz vor Blendung. Sie unterstützt Planerinnen und Planer dabei, die Empfehlungsstufen der Norm sinnvoll umzusetzen und liefert konkrete Beispiele anhand eines definierten Modellraums. Ein entsprechendes Merkblatt dazu kann auf der Website www.slg.ch/de/lichtwissen eingesehen werden.
Tageslicht als Energieeffizienzfaktor
Die Bedeutung von Tageslicht geht weit über ästhetische Aspekte hinaus. Zahlreiche Studien belegen, dass natürliches Licht das Wohlbefinden steigert, die Konzentration fördert und den Schlaf-Wach-Rhythmus positiv beeinflusst. In Arbeitsumgebungen führt eine gute Tageslichtversorgung nachweislich zu höherer Produktivität. Gleichzeitig ist Tageslicht ein zentraler Faktor für die Energieeffizienz von Gebäuden. Es reduziert den Bedarf an künstlicher Beleuchtung und steht in direktem Zusammenhang mit der Solarstrahlung, die die thermische Bilanz eines Gebäudes beeinflusst. Durch gezielte Planung kann der Tageslicht- und Sonneneintrag so gesteuert werden, dass im Winter Wärmegewinne erzielt und im Sommer Überhitzung vermieden wird. Dies senkt den Energieverbrauch und trägt zum Klima- und Ressourcenschutz bei.
Die Wegleitung SIA 4004:2025 ermöglicht es, die Tageslichtnutzung optimal mit den technischen und gestalterischen Anforderungen eines Gebäudes zu verbinden. In Kombination mit LED-Beleuchtung und intelligenter Sensorik lassen sich bis zu 50 % Strom einsparen – bei gleichzeitig höherem Komfort und besserer Lichtqualität. Die SIA-Norm 387/4 «Elektrizität in Gebäuden – Berechnung und Anforderungen» liefert hierfür die technischen Grundlagen.
In der Schweiz betragen die jährlichen Ausgaben für elektrische Energie rund 15 Milliarden CHF (Stand 2024), wovon aktuell 10% (2017: 13%) auf die Beleuchtung entfallen – das entspricht fast 6 Milliarden Kilowattstunden. Durch geeignete Massnahmen kann hier erheblich Energie eingespart werden. Tageslicht spielt somit eine zentrale Rolle auf dem Weg zur Erreichung der energylight resp. der Netto-Null-Ziele der Schweiz.
Norm als wertvolle Orientierung
In der Praxis wird die Tageslichtversorgung oft über den Anteil der Fensterfläche zur Raumgrundfläche geregelt – beispielsweise fordern kantonale Bauordnungen einen Mindestwert von 1/10. Diese Kenngrösse allein garantiert jedoch keine gute Tageslichtqualität. Entscheidend sind Faktoren wie die Lichtverteilung im Raum, die Aussicht nach draussen, die Dauer der direkten Sonneneinstrahlung sowie der Schutz vor Blendung. Die Norm SN EN 17037 bietet hierfür fundierte Bewertungsverfahren und Parameter, die in der SIA-Wegleitung anhand von Beispielen praxisnah erläutert werden. Sie ermöglicht es Architektinnen, Ingenieuren und Bauherren, verbindliche Standards für die Tageslichtnutzung festzulegen und die Qualität der Innenräume gezielt zu verbessern.
Auch für Dachräume gibt es klare Empfehlungen: Für eine einfache Planung der Dachfensterfläche kann die Faustregel angewendet werden, dass etwa 20–25 % der Raumgrundfläche als Dachfensterfläche eingeplant werden sollten. So wird in der Regel eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht und Frischluft sichergestellt. Besonders in ausgebauten Dachgeschossen, die oft eine geringere Fensterfläche aufweisen, ist diese Regel hilfreich, um eine angenehme und gesunde Raumatmosphäre zu schaffen.
Die Norm sowie die dazugehörige Wegleitung gelten für Wohn- und Nichtwohngebäude. Bei Neubauten wird ihre Anwendung in der Regel empfohlen. Bei Sanierungen und Umbauten sollten die darin enthaltenen Zielsetzungen so weit wie technisch möglich berücksichtigt werden. Auch wenn bauliche Gegebenheiten nicht immer eine vollständige Umsetzung erlauben, bietet die Norm wertvolle Orientierung für eine zukunftsgerichtete Planung.
Weiterbildungstipp
Fachkurs «Tageslicht in Gebäuden neu denken» am 3. Dezember 2025
Vertiefe dein Wissen zur Tageslichtplanung und lerne, wie du die Anforderungen der Norm SN EN 17037 praxisnah umsetzt. Der eintägige Kurs der SLG vermittelt Grundlagen, Strategien und Tools für eine nachhaltige Lichtplanung.
www.slg.ch/de/weiterbildung/fachkurse-spezifisch/tageslicht.php
Impressum
Textquelle: Paul Schöni, Velux Schweiz AG
Bildquelle: Velux Schweiz AG
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