Visionäres Bauen

Es ist ein Gebäude der technischen Superlative, bei dem es Spass macht, die Gebäude- und Elektrotechnik anzuschauen. Warum das so ist? Der Neubau verfügt über eine sehr durchdachte, energieeffiziente und kosteneinsparende Stromversorgung und -verteilung, hat den Schweizer Solarpreis 2024 gewonnen (siehe Box), ist aktuell das grösste Industriegebäude der Schweiz mit einer Minergie-P-Zertifizierung und zudem wohl das grösste TunableWhite-Projekt in der Schweiz.

Human Centric Lighting ohne Jalousien

Ende Juli 2021 wurde mit dem Bau begonnen, der rund 70 Millionen Franken kostete. Die Bauherrschaft, die Hamilton Bonaduz AG, legt sehr grossen Wert auf eine attraktive Arbeitsumgebung, die auch für die Zukunft bestens gerüstet ist, sowie hochwertige Arbeitsplätze für die rund 700 Mitarbeiter:innen an diesem Standort. Zu dieser Arbeitsumgebung gehört eine dynamische HCL-Beleuchtung (Human Centric Lighting). Das Beleuchtungskonzept bildet mit Tunable-White-Technologie den natürlichen Tageslichtverlauf in Innenräumen nach (siehe auch Artikel Wohlfühllicht mit tunableWhite).

Wohlfühllicht mit tunableWhite

Wie beeinflusst Licht unsere Leistungsfähigkeit und unser Wohlbefinden? In Domat-Ems setzt Hamilton auf eine der grössten Human-Centric-Lighting-Installationen der Schweiz – gesteuert über KNX.

Die Fassade verfügt über keinen aussenliegenden Wärmeschutz. Statt mit Jalousien können die Fenster elektrisch abgedunkelt werden. Dieses elektrochrome Glas funktioniert gemäss Achim Sax, dem Director Facilities bei Hamilton, hervorragend und spare zudem Instandhaltungskosten.

Diese Beispiele aus der Gebäudetechnik zeigen, wie wichtig die richtige Technologie für Hamilton Bonaduz AG ist. Achim Sax, der für das ganze technische Projekt, auch während des Baus, verantwortlich zeichnet, geht kaum Kompromisse ein. Für ihn haben Qualität, Langlebigkeit, Wartungsfreundlichkeit und der Support, den ein Unternehmen bieten kann, oberste Priorität.

Effiziente Energieversorgung

Dies zeigt sich auch bei der Energieversorgung der Gebäude. Erschlossen sind sie mit Mittelspannung. Vier 1250-kVA-Mittelspannungstrafos sowie zwei weitere Reserveplätze für den Erweiterungsbau sind in den zukunftsgerichteten Technikräumen im Untergeschoss platziert. Uns fallen beim Besuch gleich die leuchtendgelben Niederspannungs-Abgangskabel an den Trafos auf. Jeweils vier parallel geschaltete Kabel von CFW leiten die Energie der Trafos zur Hauptverteilung des Gebäudes.

Achim Sax machte diesbezüglich klare Vorgaben. Während für die Erschliessung der Unterverteilungen in den einzelnen Stockwerken noch Stromschienen mit bis zu 2000 Ampere zum Einsatz kommen, sind alle Energieverteilungs-Kabel ab einem Leitungsquerschnitt von 35 mm² mit dem CFW PowerCable ausgerüstet. Sax ist von den Vorteilen dieser Kabel überzeugt, weil er in früheren Projekten gute Erfahrungen damit gemacht hat: «Die CFW PowerCable sind für uns die ideale Lösung. Sie bieten nicht nur technische Vorteile wie reduzierte Verluste und bessere Kühlung, sondern überzeugen auch durch ihre Langlebigkeit und die einfachere Installation. Deshalb macht Hamilton in ihren Projekten auch die Vorgabe, diese Kabel zu verwenden.»

Wirtschaftlichkeit in der Energieverteilung

Für Sax und sein Team hat dies auch wirtschaftliche und technische Gründe. Mit einer Langzeitbetrachtung berechnete das Ingenieurteam von Scherler AG Chur zusammen mit CFW EMV-Consulting AG, dem Lieferanten der Kabel, dass die Kabel trotz der etwas höheren Kosten im Vergleich zu Einzelleitern bereits nach einer Betriebszeit von 3,5 Jahren amortisiert sind. Wir wollten natürlich wissen, wie dies gelingt.

Der Spannungsabfall über 100 Meter ist bei der CFW-Lösung um ca. 30 Prozent kleiner als bei Einzelleitern. Die Verluste sind dank der reduzierten Impedanz entsprechend geringer, gemäss Berechnungen von CFW für das Projekt um 2,89 Prozent, im Vergleich zu den 3,79 Prozent, die mit Einzelleitern zu Buche schlagen würden. Selbst dieser «schlechte» Wert würde allerdings noch in den Vorgaben der NIN E5.2.4 (Leitungsverluste und Wirtschaftlichkeit) liegen. Monetarisieren wir jedoch die Kosten dieser Verluste basierend auf einem Strompreis von 0,3 Franken, spart Hamilton dank weniger Verlustleistung auf dem Kabel knapp 1400 Franken/ 100 Meter/ Jahr. In Domat/Ems wurden rund 4 km Kabel installiert, wodurch sich jährliche Einsparungen von rund 55 000 Franken ergeben. Hinzu kommt, dass die Stromverteilung zwischen den einzelnen Phasen deutlich gleichmässiger ist. Es entstehen dank den verdrillten Leitern keine zusätzliche Hysterese und keine Wirbelstrom-Verluste bei Verlegung im Trasse. Die optimierte Bauweise der CFW PowerCable minimiert die Induktionsströme erheblich, die andernfalls auf Erdleiter und metallische Strukturen wie Gebäudearmierungen übertragen würden.

Die Projektverantwortlichen können stolz auf ein sehr gelungenes Projekt und eine sehr gelungene Zusammenarbeit zurückblicken. v.l.n.r. Achim Sax, Daniel Poscher, Marcel Fischbacher.
Die Projektverantwortlichen können stolz auf ein sehr gelungenes Projekt und eine sehr gelungene Zusammenarbeit zurückblicken. v.l.n.r. Achim Sax, Daniel Poscher, Marcel Fischbacher.

Vorteile für Installateure und Planer

Auch bei der Installation bietet das CFW-Kabel zahlreiche Vorteile, die Zeit und Kosten sparen. Dazu gehört zum Beispiel die effizientere Verlegung. Daniel Poscher, der verantwortliche Projektleiter des Ingenieurbüros Scherler AG Chur, hat das Projekt von Anfang an in all seinen elektrischen Gewerken betreut kann viel darüber berichten: «Das CFW PowerCable wird nur einmal eingezogen, im Gegensatz zu den fünf Durchgängen bei Einzelleitern. Zusätzliche Massnahmen für die kurzschlussfeste Verlegung entfallen. Bei Einzelleitern wäre eine Befestigung mit geeigneten Gurten in engen Abständen erforderlich. Dass dies hier nicht nötig ist, ist auch für uns ein Vorteil in der Planung.»

Und er ergänzt: «Hinzu kommen die farbcodierten Adern: Im Gegensatz zu Einzelleitern sind die Adern im gelben Kabel farblich gekennzeichnet. Dies erleichtert dem Installateur die Zuordnung beim Anschluss und uns bei der Kontrolle. Bei der Parallelschaltung von Einzelleitern muss zudem darauf geachtet werden, dass die einzelnen Stränge möglichst gleich lang sind. Das ist für uns nicht einfach zu prüfen. Mit diesem Kabel entfällt dies einfach.»

Weniger Verluste dank Verseilung

Marcel Fischbacher, Geschäftsführer der CFW EMV-Consulting AG, der uns auf der Tour durch die Energieversorgung bei Hamilton kompetent begleitet, erklärt: «Die Verluste bei einer Einzelleiter-Verlegung sind gemäss unseren Messungen im Labor um 13 Prozent höher. Die Kühleigenschaften von CFW-Kabeln sind Einzelleitern insbesondere bei der Verlegung in Trassen deutlich überlegen, wo die Verluste sonst schnell auf 20 bis 25 Prozent ansteigen würden. Da Verluste bei steigender Stromstärke nicht proportional, sondern quadratisch zunehmen, würden hier erhebliche Mehrkosten entstehen. Mit unserem Kabel, dessen Verseilung auf den Querschnitt abgestimmt ist, können Verluste vermieden werden. Daher ist sein Einsatz die optimale Lösung für Hamilton und maximiert die technischen und wirtschaftlichen Vorteile.» stimmt ist, können Verluste vermieden werden. Daher ist sein Einsatz die optimale Lösung für Hamilton und maximiert die technischen und wirtschaftlichen Vorteile.»

Solarenergie optimal nutzen

Wirtschaftlichkeit ist insbesondere auch dann gefragt, wenn es um die Stromerzeugung geht. Und da das Gebäude von Hamilton eine «Winterstrom-Maschine» ist, die jährlich 834 000  kWh Solarstrom produziert, lohnen sich auch hier Überlegungen im Bereich der Wirtschaftlichkeit. Die installierte Leistung auf und am Gebäude beträgt sagenhafte 1,074 MWp. Zehn Wechselrichter wandeln diese enorme PV-Leistung bzw. den Solarstrom in Drehstrom um. Die Wechselrichter bzw. ihre Abgangsschalter sind ebenfalls über CFW PowerCable mit der Unterverteilung im Dachgeschoss verbunden, wo die Solarenergie in das Hamilton-Energiesystem mit den bereits erwähnten stockwerkübergreifenden Stromschienen eingespeist wird. Der Eigenverbrauch wird mit den CFW-Kabeln ebenfalls optimiert, denn es wäre ja schade, wenn die Wirtschaftlichkeit der Solaranlage von Vornherein durch eine ungeeignete Verkabelung um über 13 Prozent reduziert würde.

Fazit

Der Besuch des Neubaus von Hamilton in Domat/Ems hat Spass gemacht. Es ist erfrischend zu sehen, wie motivierte Ingenieure und Planer zusammen mit einer innovationsfreudigen Bauherschafft technisch interessante und nachhaltige Gebäude entwickeln und realisieren. Der Standort von Hamilton ist ein wegweisendes Beispiel dafür, wie nachhaltiges Bauen und modernste Gebäudetechnik Hand in Hand gehen. Von der intelligenten Stromversorgung über innovative Beleuchtungskonzepte bis hin zur optimal genutzten Solarenergie zeigt Hamilton, dass vorausschauende Planung und hochwertige Materialien nicht nur ökologischen, sondern auch wirtschaftlichen Mehrwert schaffen. Dieses Projekt unterstreicht, wie visionäres Denken die Zukunft der Gebäudetechnik prägen sollte.

Solarpreis

Am 30. Oktober 2024 durfte Hamilton den Schweizer Solarpreis 2024 der Solaragentur in Empfang nehmen. Der Preis würdigt die konsequente Strategie von Hamilton, bei Neubauten auf nachhaltige Energiequellen zu setzen.

Das grösste Industriegebäude der Schweiz mit einer Minergie-P-Zertifizierung ist seit 2023 in Betrieb. Nicht nur auf der gesamten Fläche des Dachs, sondern auch an der Süd- und Westfassade wurden grosse PV-Anlagen installiert. Mit diesen Fassaden-Anlagen profitiert Hamilton im Winter von der tiefstehenden Sonne.

Der Neubau von Hamilton produziert jährlich 834 000 kWh Solarstrom. Die Standorte Bonaduz und Domat/Ems haben zusammen eine installierte Leistung von 2,283 MWp.

Die Solar Agentur Schweiz, die den Preis vergibt, streicht auch die architektonischen Merkmale des Neubaus heraus: Winterstrom-Maschine Hamilton: «Ansprechend sind die Ost-, Süd- und Westfassaden in Domat/Ems, die mit ihrer enormen Grösse ein architektonisches Statement für Grossbauten setzen. Diese solaren Industrieanlagen bilden einen technologischen Meilenstein und symbolisieren die Vorreiterrolle des Unternehmens im Bereich der Solarenergie. Die Kombination von Solartechnologie und ästhetischer Architektur zeigt, wie Unternehmen durch ihre Entscheidungen zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Aufwertung des Ortsbilds beitragen können. Hamilton Bonaduz AG setzt damit neue Massstäbe für die Branche und inspiriert auch andere Unternehmen, nachhaltige Energiemassnahmen umzusetzen.»

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