Nachhaltigkeit wird in der Elektrobranche immer wichtiger. In immer mehr Ausschreibungen ist ein Nachhaltigkeitsbericht gefordert, zudem werden auch die gesetzlichen Anforderungen strenger. Der Grosshändler Elektro-Material AG bietet mit seinem Carbon Tracker ein Tool zur Ermittlung der CO₂-Emissionen von Produkten.
Autor: René Senn
Die Elektro-Material AG nimmt das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst. Der Schweizer Grosshändler hat bereits 2014 mit EM ecowin ein Programm für Stromsparmassnahmen und im März 2021 eine Nachhaltigkeitscharta für seine Lieferanten lanciert. 2023 folgte die Sustainable Selection. Sie enthält Produkte, die besonders energieeffizient sind, geringe Auswirkungen auf den Planeten haben, ethische Werte berücksichtigen oder einen Beitrag zur Energiewende leisten. Die Produkte sind im Online-Shop entsprechend gekennzeichnet.
Nun führt Elektro-Material AG mit dem Carbon Tracker eine weitere Sustainability-Dienstleistung ein, dies sowohl für ihre Kunden aus der Industrie als auch aus der Elektrobranche. Dadurch können Kunden auf der Startseite des Online-Shops von EM die CO₂-Emissionen der von ihnen in den vergangenen zwölf Monaten gekauften Produkte gratis einsehen. Detailliertere Reports erhalten Kunden gegen eine Gebühr.
Was hinter dem Carbon Tracker steckt
Mit dem Carbon Tracker kann EM seit August den CO₂-Fussabdruck ihrer Handelsprodukte transparent aufzeigen. Doch wie viel Substanz steckt in diesem Tool? Wir haben mit CEO Ingrid Knott und der Verantwortlichen für Nachhaltigkeit, Cosima Giannachi, in Zürich über die Chancen und Herausforderungen des Carbon Trackers gesprochen. Wir wollten herausfinden, welche Ideen EM mit diesem neuen Tool verfolgt, und ob der Grosshandel in unserer Branche künftig in Sachen Reporting eine wichtige Rolle einnehmen wird.
Nachhaltigkeit wird in der Elektrobranche immer wichtiger. In immer mehr Ausschreibungen ist ein Nachhaltigkeitsbericht gefordert, zudem werden auch die gesetzlichen Anforderungen strenger. Der Grosshändler Elektro-Material AG bietet mit seinem Carbon Tracker ein Tool zur Ermittlung der CO₂-Emissionen von Produkten.
Autor: René Senn
Die Elektro-Material AG nimmt das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst. Der Schweizer Grosshändler hat bereits 2014 mit EM ecowin ein Programm für Stromsparmassnahmen und im März 2021 eine Nachhaltigkeitscharta für seine Lieferanten lanciert. 2023 folgte die Sustainable Selection. Sie enthält Produkte, die besonders energieeffizient sind, geringe Auswirkungen auf den Planeten haben, ethische Werte berücksichtigen oder einen Beitrag zur Energiewende leisten. Die Produkte sind im Online-Shop entsprechend gekennzeichnet.
Nun führt Elektro-Material AG mit dem Carbon Tracker eine weitere Sustainability-Dienstleistung ein, dies sowohl für ihre Kunden aus der Industrie als auch aus der Elektrobranche. Dadurch können Kunden auf der Startseite des Online-Shops von EM die CO₂-Emissionen der von ihnen in den vergangenen zwölf Monaten gekauften Produkte gratis einsehen. Detailliertere Reports erhalten Kunden gegen eine Gebühr.
Was hinter dem Carbon Tracker steckt
Mit dem Carbon Tracker kann EM seit August den CO₂-Fussabdruck ihrer Handelsprodukte transparent aufzeigen. Doch wie viel Substanz steckt in diesem Tool? Wir haben mit CEO Ingrid Knott und der Verantwortlichen für Nachhaltigkeit, Cosima Giannachi, in Zürich über die Chancen und Herausforderungen des Carbon Trackers gesprochen. Wir wollten herausfinden, welche Ideen EM mit diesem neuen Tool verfolgt, und ob der Grosshandel in unserer Branche künftig in Sachen Reporting eine wichtige Rolle einnehmen wird.
Carbon Tracker kennt CO₂-Fussabdruck aller 250 000 Vertriebsprodukte
Was müssen wir uns unter dem Carbon Tracker vorstellen?
COSIMA GIANNACHI: Der Carbon Tracker ist ein Software-Tool bzw. eine Datenbank, die den CO₂-Fussabdruck jedes einzelnen unserer 250 000 Vertriebsprodukte kennt, und zwar von der Herstellung über den Vertrieb, die Installation und Nutzung bis hin zur Entsorgung. Dadurch sind wir jetzt in der Lage, für unsere Kunden individuelle Reportings über die CO₂-Emissionen der Produkte zu erstellen, die sie über einen gewissen Zeitraum bestellt haben.
Mit dem Online-Shop selber hat dies nichts zu tun?
CG: Nein. Für Installateure ändert sich im Moment nichts. Sie sehen in ihrem Online-Shop-Konto lediglich eine zusammenfassende Info zu den CO₂-Emissionen all ihrer Bestellungen der letzten zwölf Monate. Bei den einzelnen Produkten ist im Shop zum Carbon Tracker deshalb nichts zu finden. Die Daten sind im Hintergrund.
Einfach als Text, ohne Kuchen- oder Säulengrafik oder so?
CG: Ja, einfach die CO₂-Bilanz, bzw. jene ihrer Bestellungen der letzten 365 Tage in Tonnen CO₂. Mehr Informationen erhalten die Kunden in den Reports, die wir individuell für sie erstellen.
Interessieren solche CO₂-Zahlen eure Kunden schon?
CG: Die Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit nehmen zu, und unsere Kunden müssen zunehmend detaillierte Informationen über ihre CO₂-Emissionen zur Verfügung stellen, sei es aufgrund neuer Schweizer Regulierungen oder um Kriterien bei Ausschreibungen zu erfüllen.
«Carbon Tracker momentan für Industriekunden sehr interessant»
Wie ist das Projekt in der Schweiz gestartet? Habt ihr mit ausgewählten Kunden die Interessen abgeklärt und «Tests» mit den Auswertungen gemacht?
INGRID KNOTT: Wir haben das Tool den unterschiedlichen Ansprechpartnern aus dem Bereich EM-Installation und EM-Industrie vorgestellt und Interviews geführt. Mit einigen haben wir über den Zeitraum von neun Monaten auch erste Tests gemacht. Dadurch haben wir viel über die Bedürfnisse der Branchen erfahren, vor allem über den gewünschten Detaillierungsgrad der Daten und ihre Nutzung.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Interessen für solche Tools im Bereich der Industrie und Baubranche noch nicht gleich «akut» sind?
IK: Das stimmt. Der Carbon Tracker scheint im Moment vor allem für Industriekunden sehr interessant zu sein. Im Installationsbereich kommt dann konkretes Interesse auf, wenn es um Grossprojekte geht, in denen diese Daten von der Bauherrschaft verlangt werden.
Ihr habt schon einiges in Sachen Nachhaltigkeit unternommen, der Carbon Tracker ist der nächste Schritt. War er eure Idee oder seid ihr als Grosshandel dazu verpflichtet?
IK: Der Carbon Tracker passt sehr gut in die EM-Nachhaltigkeitsstrategie. Auch für uns steigen die Anforderungen, und auch unsere Nachhaltigkeitsbilanz wird mit diesem Tool sicher besser. Aber es ist auch ein Tool für unsere Kunden. EM wird dadurch insgesamt nachhaltiger, da die Kunden auch nachhaltiger bestellen.
Nachhaltigkeit ist nicht Sache eines einzelnen Unternehmens.
IK: In der Tat. Wenn wir als Branche nachhaltiger werden wollen, und das müssen wir, dann sollten wir alle zusammenspannen. Wir als Handelsgesellschaft können in diesem Netzwerk eine wichtige Rolle spielen, denn bei uns kommen viele Produkte von ganz unterschiedlichen Herstellern zusammen. Wir sind also dafür prädestiniert, diese Reporting-Aufgabe zu übernehmen.
Ist der Carbon Tracker ein Projekt von EM Schweiz oder steht der Mutterkonzern von EM, Rexel, dahinter?
IK: Es ist ein internationales Projekt unseres Mutterhauses, aber nach Frankreich gehören wir in der Schweiz zu den ersten Ländern, die dieses Tool auf den Markt bringen und die Informationen, die es liefern kann, mit dem Markt austesten können.
Kontinuierliche Aktualisierungen verbessert die Genauigkeit des Trackers
Das «Internationale» dürfte in diesem Projekt ein Vorteil sein, da viele Hersteller dadurch für ein europaweit vertriebenes Produkt die Daten nur einmal angeben müssen.
IK: Das ist korrekt. Der Datenbestand muss so nicht in jedem einzelnen Land einzeln gepflegt werden. Insbesondere der Aufwand für das Ergänzen von Produktdaten, die derzeit noch nicht zur Verfügung stehen, wird dadurch kleiner. Dazu unternehmen wir grosse Anstrengungen. Wir helfen uns dabei mit unseren Algorithmen und dem Know-how aus dem Konzern, aber wir gehen auch proaktiv auf die Lieferanten zu. Kleinere Firmen haben uns auch schon gebeten, sie bei der Erstellung der Daten zu unterstützen. Dann versuchen wir natürlich zu helfen. Dort, wo wir die Daten noch nicht haben, weisen wir das speziell aus. Das ist allgemeine Praxis.
Viele werden die Daten schon bereit haben.
CG: Für die meisten unserer Lieferanten ist Nachhaltigkeit sowieso ein Mega-Thema, und sie verstehen unser Anliegen dann sehr schnell. Hinzu kommt, dass sie diese Daten aufgrund von Regularien sowieso erstellen müssen. Unsere Aufgabe ist es dann, all diese Daten von den unterschiedlichen Herstellern korrekt in einem einheitlichen System zusammenzuführen.
Ihr erfasst somit die Daten so für alle nachgelagerten Händler und Installateure usw. Sonst müsste dies jeder einzelne machen.
CG: Ja, das wäre natürlich sehr aufwändig und ein Szenario, das ich mir nicht so richtig vorstellen kann (lacht). Datengesteuerte Nachhaltigkeit ist etwas, das EM sehr interessiert, und deshalb haben wir auch ein solches Tool entwickelt. Ich denke, wenn das jemand richtig macht, ist das besser, als wenn es jeder einzelne «handgestrickt» selbst machen müsste.
Die Pflege dieser vielen Daten klingt aufwändig. Wie stellt ihr sicher, dass sie stets korrekt sind?
CG: Der Carbon Tracker basiert auf zuverlässigen Umweltdaten und liefert aggregierte Informationen über die Klimaauswirkungen von Produkten. Wir erhalten die Daten direkt von den Herstellern bzw. den Produzenten. Die Methode verwendet Umweltproduktdeklarationen (Product Environmental Profile (PEP), auch Environmental Product Declaration (EPD) genannt), um die Umweltauswirkungen zu berechnen.
Durch kontinuierliche Aktualisierungen wird die Genauigkeit des Carbon Trackers verbessert. Unsere intern entwickelten Algorithmen prüfen die Konsistenz der Daten und halten sie aktuell. Und natürlich stimmen wir uns mit definierten Prozessen mit den Lieferanten ab. Auch sie müssen Vorgaben bezüglich PEP und EPD erfüllen.
Begriffe rund um die Nachhaltigkeit
EPD (Environmental Product Declaration)
Die EPD ist eine allgemeinere Form der Umweltproduktdeklaration, die für eine breite Palette von Produkten verwendet wird. Sie basiert auf den Ergebnissen einer Lebenszyklusanalyse und ist in der Regel nach internationalen Standards wie der ISO 14025 zertifiziert. Sie dienen dazu, Umweltinformationen über Produkte transparent und vergleichbar zu machen.
PEP (Product Environemental Profile)
Das Produktumweltprofil (PEP) ist ein EPD-Format für elektrische, elektronische und klimaregulierende Produkte.
Kohlenstoffintensität
Die Kohlenstoffintensität wird berechnet, indem die CO₂-Emissionen der Produkte durch den Verkaufspreis dividiert werden. Dies ist ein interessanter Indikator, der es ermöglicht, die Entwicklung der Produktleistung im Lauf der Zeit zu verfolgen.
CO₂ / CO2e
CO₂ steht für Kohlendioxid, ein Treibhausgas, das zur globalen Erwärmung beiträgt. CO2e steht für CO₂-Äquivalent und bezieht sich auf die Menge an Treibhausgasen, die in Bezug auf ihre Klimawirksamkeit mit CO₂ vergleichbar sind. CO2e ermöglicht die Umrechnung verschiedener Treibhausgase in eine einheitliche Masseinheit.
Reportings werden an die Ansprüche der Kunden angepasst
Werden weitere Quellen aus dem «Datenuniversum» der Produkte hinzugezogen, um all diese Werte in einem Tool zusammenzuführen?
CG: Spannende Frage, zu der ich auch eine Antwort habe: Unsere Algorithmen verwenden eine grosse Menge an Daten, nicht nur aus den PEP, sondern auch aus technischen Produktinformationen und Umweltdatenbanken. Durch die Kombination dieser Daten können wir die Umweltauswirkungen der Produkte berechnen, auch wenn uns nicht alle PEP-Informationen vorliegen.
Kontrolliert jemand, ob die CO₂-Fussabdruck-Daten, die im Tool hinterlegt sind, auch wirklich stimmen, bzw. ob eure Berechnungsmethoden und Algorithmen korrekt sind?
CG: Das ist Teil der Aufgabe des Datenteams zusammen mit Rexel. Die Methodik wurde von einer externen Stelle, dem LCIE Bureau Veritas, gemäss den Normen ISO14025:2006 und ISO14021:2016 validiert. Kunden und Lieferanten können die Methodik und das Zertifikat einsehen.
Nochmals zurück zu den Reportings, die ihr kostenpflichtig erstellt. Werden sie automatisch generiert?
CG: Nicht ganz. Die Reportings werden individuell an die Ansprüche der Kunden angepasst und mit einer Analyse versendet.
Was steht in so einem Report, wie muss ich mir das vorstellen?
CG: Oh, das gäbe eine sehr lange Antwort. Aber zusammengefasst: Aufgelistet sind die Werte im Report in fünf Kategorien: Produktion, Transport, Installation, Verwendung, Entsorgung. Zusätzlich sind die Auswirkungen nach Kategorien und Gruppen markiert, so dass der Kunde seine CO₂-Bilanz analysieren und zukünftig verbessern kann.
Bei den ersten Testkunden haben wir gesehen, dass vor allem in den Kategorien Licht und Drähte + Kabel die meisten Emissionen bei der Produktion und Verwendung entstehen. Es sind ca. 20 Produkte, die 20 Prozent eines Fussabdrucks ausmachen.
«Der Carbon Tracker wird zur Sensibilisierung der Branche beitragen.» Cosima Giannachi, Verantwortliche für Nachhaltigkeit bei EM
Du hast vorher erwähnt, dass der Report die letzten zwölf Monate pro Unternehmen umfasst. Wären da nicht andere Kriterien auch spannend? Zum Beispiel auf Projektebene, über einen anderen Zeitraum usw.?
IK: Solche Funktionen werden in naher Zukunft ins Tool integriert. Vor allem die Projektebene erachten wir auch als sehr wichtig. Damit geben wir dem Installateur pro Projekt eine Auswertung, die er seinem Auftraggeber zur Verfügung stellen kann, wenn dies gefordert wird. Was zunehmend der Fall sein dürfte. Ich wage mal zu sagen, den Report auf Projektebene werden wir noch in diesem Jahr einführen.
Welche langfristigen Auswirkungen erwartet ihr vom Carbon Tracker auf die gesamte Elektrobranche?
CG: Der Carbon Tracker wird zur Sensibilisierung der Branche beitragen. Und die Firmen, die «plötzlich» solche Daten brauchen, werden froh sein, wenn sie auf unsere Expertise und auf unsere Daten zurückgreifen können. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden solche Daten in den grösseren Projekten essenziell.
Und wie seht ihr die Zukunft der Nachhaltigkeitsberichterstattung in unserer Branche?
IK: Ich denke, dass wir mit unserem Tool einen wichtigen Schritt voraus sind. Mit dem Carbon Tracker sind wir ready für die nächsten Schritte der Branche in Richtung Nachhaltigkeit. Er dürfte erst der Anfang sein.
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