Neue Tageslichtnorm beeinflusst die Beleuchtungsplanung

Die wichtigsten Inhalte der Tageslichtnorm SN EN 17037

Tageslichtbeleuchtung verbessert die Leistung und fördert das Wohlbefinden. Die neue Norm SN EN 17037 bekräftigt diese Bedeutung und beeinflusst so die Beleuchtungsplanung.
 
Tageslichtbeleuchtung in Gebäuden erhält mit der EN 17037 eine adäquate und aktualisierte «Tageslichtnorm», welche die alte DIN 5034 aus dem Jahr 1935 ablöst. 85 Jahre vergingen, bis dem Tageslicht ein höherer Stellenwert eingeräumt wurde. Das hat einerseits damit zu tun, dass sich das Wissen darüber nicht verändert hat und es technischen Fortschritt nicht direkt mitmachen muss. Trotzdem konnte der Umgang mit Tageslicht auch aufgrund technischer Fortschritte stark verbessert werden. Bei Energieoptimierungen nimmt es inzwischen eine wichtige Position ein.

Von links nach rechts die dier Beurteilungskriterien der Tageslichtdimensionen gemäss Tageslichtnorm SN EN 17037: Tageslichtverfügbarkeit, Sonnenlichtexposition, Aussicht, Schutz vor Blendung

Raumbeleuchtung durch Fenster

Von links nach rechts die dier Beurteilungskriterien der Tageslichtdimensionen gemäss Tageslichtnorm SN EN 17037: Tageslichtverfügbarkeit, Sonnenlichtexposition, Aussicht, Schutz vor Blendung

Tageslichtbeleuchtung in Gebäuden ist essentiell

Bis zu 90 Prozent unserer Zeit verbringen wir in geschlossenen Räumen, und über 80 Prozent unserer Sinneseindrücke erleben wir über die Augen. Die Bedeutung des Lichts auf Gesundheit, Fitness, Konzentrationsfähigkeit und Komfort wurde zu lange unterschätzt und aufgrund von Energieanforderungen missachtet.

Die europäische Tageslichtnorm EN 17037 «Daylight of Buildings», die in der Schweiz als SN EN 17037 «Tageslichtbeleuchtung in Gebäuden» übernommen wird, enthält europaweit anwendbare Empfehlungen für die Tageslichtversorgung und die -qualität. Nicht alle Inhalte der SLG-Richtlinie «Innenraumbeleuchtung mit Tageslicht», der Schweizer Norm SIA 387/4, werden durch die SN EN 17037 abgedeckt. Diese ist auf alle Räume anwendbar, die über längere Zeit und regelmässig genutzt werden.

Übersicht über die Inhalte der Tageslichtnorm EN 17037

Die europäische Tageslichtnorm EN 17037 «Daylight of Buildings» führt in Teilen neue Kriterien, Bewertungsansätze und Empfehlungen zur Tageslichtversorgung, Aussicht, Sonnenlichtexposition und Blendung durch Tageslicht ein (siehe Abbildung oben).

Die Norm gibt Empfehlungen in den drei Stufen mindest, mittel und hoch. Diese Empfehlungsniveaus lassen sich bei der Beleuchtungsplanung und Berechnung, aber auch bei der Überprüfung der Tageslichtbedingungen anwenden. Da die Raumnutzungen derzeit nicht den jeweiligen Empfehlungsniveaus zugeordnet werden, ist es möglich, dass die am Bau Beteiligten objektbezogen Anforderungen für die Tageslichtnutzung vereinbaren.

Erklärung: Tageslichtquotient und Tageslichtautonomie

Der Tageslichtquotient D (häufig auch TQ) ist das Verhältnis der Horizontal-Beleuchtungsstärke an einem bestimmten Punkt im Raum zur Horizontal-Beleuchtungsstärke im Aussenraum. Typische Werte des Tageslichtquotienten liegen zwischen 2 und 12 Prozent.

Die Tageslichtautonomie gibt den Anteil der Nutzungsstunden an, während denen ein Arbeitsplatz ausreichend mit Tageslicht versorgt ist. Wie der Tageslichtquotient wird die Tageslichtautonomie durch den Standort des Arbeitsplatzes innerhalb eines Raumes bestimmt, vor allem von der Raumtiefe. Die Tageslichtautonomie in einem Raum beträgt typischerweise zwischen 10 und 90 Prozent.

Bemessung der Tageslichtverfügbarkeit

Seit langem wird der Einfluss der Tageslichtbeleuchtung auf den Gebäudeenergiebedarf unter dem Begriff der relativen Nutzbelichtung («Tageslichtautonomie») bewertet. Die Tageslichtnorm SN EN 17037 bezieht unter dem Begriff «Tageslichtzufuhr» auch die Verfügbarkeit von Tageslicht über die Zeit in die Bewertung ein. Ein Raum gilt nach SN EN 17037 als ausreichend mit Tageslicht versorgt, wenn eine Zielbeleuchtungsstärke über einen definierten Teil einer Bezugsebene für mindestens die Hälfte der Tageslichtstunden erreicht wird. Das entspricht einer relativen Nutzbelichtung von 50 Prozent. Dies lässt sich entweder durch eine detaillierte Simulation mittels validierter Software, auf der auch die Ansätze in energetischen Normungen (SIA 387/4) basieren, oder durch ein in der SN EN 17037 vorgegebenes vereinfachtes Verfahren auf Basis des Tageslichtquotienten nachweisen. Beim vereinfachten Nachweisverfahren sind, abhängig von der geografischen Lage und vom Klima, Mindesttageslichtquotienten vorgegeben, wobei von ausschliesslich diffuser Himmelsbeleuchtung und ausschliesslich verglasten Fassadenöffnungen ausgegangen wird. Dies soll sicherstellen, dass gewünschte Beleuchtungsstärkewerte, z. B. 300 lx, alleine durch Tageslichtbeleuchtung über eine Mindestzeit von 50 Prozent der Tageslichtstunden und über einen Mindestanteil von 50 Prozent der Nutzfläche erreicht werden (nachfolgende Abbildung).

Konzept Tageslichtverfügbarkeit
Konzept der Tageslichtverfügbarkeit («Tageslichtzufuhr») nach EN 17037

Zieltageslichtquotienten für vertikale Fassaden

Target Daylight Factor

Für die Schweiz gelten für vertikale Fassaden ebenfalls Zieltageslichtquotienten DT («Target Daylight Factor»). Der bisherige Mindestwert von 0,9 Prozent für Räume mit vertikalen Fassaden nach DIN 5034 findet in der neuen Norm keine Berücksichtigung mehr. In dem vereinfachten Modell nach SN EN 17037 hängt die Tageslichtzufuhr hinsichtlich der Fassadenparameter ausschliesslich vom Transmissionsgrad der eingesetzten Verglasung ab. Form und Wirkung des Sonnen- und Blendschutzes werden nicht beachtet.

 

Wichtige Punkte für Tageslichtverfügbarkeit

  • Auf geografische Unterschiede eingehen (gleiche Innenraumbeleuchtungsstärken vorgeben).
  • Drei Tageslicht-Niveaus vorgeben: mindest, mittel und hoch (für alle Kriterien).
  • Zeitgemässe Berechnungsmethoden verwenden (anstelle von Grafiken und Formeln), z. B. Ganzjahres-Simulationen (stündlich).
  • Der Tageslichtquotient ist nicht mehr zeitgemäss.

Einteilung der Aussicht in Klassen

Für bestimmte Beobachterpositionen im Gebäude kann der Ausblick bzw. die Aussicht künftig als Funktion eines horizontalen Sichtwinkels, einer Aussensichtweite und der Art der sichtbaren Umgebung («No-Skyline, No-Ground-Line-Konzept») ebenfalls mit den Empfehlungsstufen minimum, mittel, hoch klassiert werden (nachfolgende Abbildung). Hierbei sind der horizontale Sichtwinkel und die Aussensichtweite Bewertungskriterien, die von der Grösse und der Positionierung der Fassadenöffnung abhängen. Ein grosser Fensterflächenanteil wirkt sich in der Bewertung generell positiv aus.

Ausblick-Bewertung durch No-Skyline No-Ground-Line Konzept
Darstellung des «No-Skyline, No-Ground-Line-Konzepts» zur vereinfachten Bewertung eines Ausblicks

Wichtige Punkte für Kriterium Aussicht

  • Tageslichtverfügbarkeit > Tageslichtautonomie
  • Beleuchtungsstärke (lx) mindest > mittel > hoch (300 Lux – 500 Lux – 750 Lux)
  • Sichtverbindung nach geometrischen Winkelvorgaben (für Himmel, Boden, Verbauung)
  • 14°, Boden, 28°, Boden und Himmel oder Verbauung, 54°, Boden und Himmel und Verbauung

Anforderungen für Sonnenlichtexposition

Bewertung der Sonnenlichtexposition
Schnitt, um die Bezugspunkte für die Bewertung der Sonnenlichtsexposition bzw. deren Höhe auf der Scheibeninnenseite festzulegen

Für Räume enthält die Norm Mindestempfehlungen für die Sonnenlichtexpositionen. Der Nachweisort zur Ermittlung der Sonnenlichtdauer befindet sich in einer Höhe von 1,25 m über dem Fussboden. Die Anforderung, dass sich der Nachweisort mindestens 0,30 m über der Brüstung befinden soll, ist bei einer Brüstungshöhe von 0,85 m im Beispielraum damit eingehalten (Abbildung). Die Bewertung erfolgt unabhängig von der eigentlichen Fenstergrösse. Die Mindestbesonnung an einem klaren Tag zwischen dem 1. Februar und dem 21. März auf der Position der Innenseite des Fensters gemäss der Abbildung muss bei geringer Besonnung durchschnittlich 1,5 Stunden, bei einer mittleren Besonnung 3 Stunden und bei einer hohen Besonnung 4 Stunden betragen.

Schutzmassnahmen gegen Blendung durch Tageslicht

Für Räume, in denen gelesen, geschrieben oder Anzeigegeräte genutzt werden, wird empfohlen, Abschattungsvorrichtungen zu verwenden. Zur Beurteilung der Blendschutzwirkung wird die sogenannte Daylight Glare Probability (DGP) verwendet. Das Verfahren betrifft damit vornehmlich den Sonnen- und Blendschutz. Bei Gläsern können lediglich «Verglasungen mit geringer Transmission» oder «elektrochrome Verglasungen», die im geschalteten Zustand nur noch sehr geringe Licht-Transmissionswerte aufweisen, bewertet werden. Für Gläser mit höherer Lichttransmission wird davon ausgegangen, dass sie keinen ausreichenden Blendschutz sicherstellen. Blendungsbewertung Daylight Glare Probability (DGP): Während 95 Prozent der Nutzungszeit ist die DGP kleiner als 0,45 – 0,40 – 0,35.


Buchtipp zum Thema energieeffiziente Beleuchtung

«Licht im Haus – Energieeffiziente Beleuchtung», Faktor Verlag, Zürich, 2. aktualisierte Auflage, September 2019, 192 Seiten, vierfarbig illustriert, Herausgeber: Fachhochschule Nordwestschweiz – Institut Energie am Bau. Autoren: Stefan Gasser, Daniel Tschudy, ISBN: 978-3-905711-52-3
 
Für Bestellungen oder Informationen: Faktor Verlag AG, Hardstrasse 322a, 8005 Zürich, info@faktor.ch,
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