Ohne Ladestopp durch die Schweiz
Eine dreiwöchige Testfahrt mit dem Škoda Enyaq IV
Ohne Ladestopp durch die Schweiz
Eine dreiwöchige Testfahrt mit dem Škoda Enyaq IV
2500 Kilometer und x Alpenpässe gefahren und die Schweiz einmal von Nord nach Süd ohne Ladestopp durchquert: Wie fällt das Fazit von drei intensiven Testfahrt-Wochen mit dem Škoda Enyaq IV aus?
Fotos: René Senn und Škoda Schweiz
Wären wir ein Aussendienstmitarbeiter, lägen die zurückgelegten 2449 Kilometer sicher über dem Durchschnitt. Fast 42 Stunden verbrachten wir in diesen drei Wochen im neuen Fahrzeug von Škoda. Mehrere Meetings, ein Roadtrip von Nord nach Süd und eine Woche Urlaub standen auf dem Programm. Ideale Bedingungen also, um sich ein Bild über ein neues Fahrzeug zu machen. Wir fühlten uns immer wohl darin. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 58 km/h erreichten wir einen Durchschnittsverbrauch von 17,1 kWh/100 km. Das ist sicher ein sehr guter Wert, auch weil der Enyaq von der Bauart her ein relativ grosses Fahrzeug ist.
Zu Beginn einige Fakten
Der neue Enyaq iV basiert als erstes Škoda Serienmodell auf dem modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) aus dem Volkswagen Konzern. Dadurch nutzt er dieselbe Basis wie der ID.4 oder der Q4 e-tron. Doch er unterscheidet sich überraschend stark von seinen beiden Konzernschwestern. Und dies für uns absolut im positiven Sinn. Im Innenraum ersetzt Škoda die klassischen Ausstattungslinien durch Design Selections. Im Stil moderner Wohnwelten bietet jede davon geschmackvoll aufeinander abgestimmte Farben sowie nachhaltig verarbeitete Materialien. Auch unser Testfahrzeug in der Design Selection Suite sieht toll aus. Vor allem das neue Digital Cockpit mit 5,3 Zoll Grösse wirkt dank der Integration in das «Armaturenbrett» des Fahrzeugs schon fast edel.
In unserem Modell war zusätzlich das optionale Head-up-Display verbaut. Hier nutzt Škoda erstmals Augmented Reality, um den Fahrer noch gezielter zu informieren, ohne dass dieser seinen Blick von der Strasse abwenden muss. Diese Anzeigen waren für uns bei Tag und bei Nacht sehr gut lesbar und kontrastreich. Sehr gut gemacht, Škoda. Wer mehr darüber erfahren will, einfach mal googeln.
Bilder oben: Das Head-up-Display ergänzt das serienmässige, 5,3 Zoll grosse Display des Digital Cockpit und bietet im Enyaq iV erstmals bei Škoda Augmented Reality. Oberhalb eines flachen Nahfelds auf der Frontscheibe im primären Sichtbereich des Fahrers befindet sich ein grösseres Projektionsfeld. Dort werden unter anderem grössere Symbole wie zum Beispiel Richtungspfeile des Navigationssystems angezeigt und virtuell auf die Strasse unmittelbar vor dem Fahrzeug projiziert.
Digitales Entertainment
Sehr gross und ebenso scharf und brillant in den Farben ist das zentrale Display mit einer Bildschirmdiagonale von 13 Zoll. Navigation, Radio, Telefon und CarPlay, Verbrauchsdaten sowie die Klimaanlage und vieles mehr lassen sich hier anzeigen und bedienen. Dank Touchfunktion ist dies äusserst einfach, und wir finden es sehr logisch und intuitiv aufgebaut. Unterhalb des Displays befinden sich sechs Taster für die wichtigsten Dinge des täglichen Fahrens, wie zum Beispiel der Drive-Modus und die Klimaeinstellungen. Noch etwas weiter unten zwischen den Sitzen und somit dort, wo es bei den meisten Verbrennern zu finden ist, ist der «Ganghebel» angebracht, oder wie heisst dieses Ding eigentlich bei einem Elektrofahrzeug? Jedenfalls ist es so sehr praktisch.
Bilder oben: Sehr gross und ebenso scharf und brillant in den Farben ist das zentrale Display mit einer Bildschirmdiagonale von 13 Zoll. Die ganze Technik des Fahrzeuges lässt sich hier steuern. Die umliegenden Ladestationen werden auf dem Navigationsdisplay übersichtlich mit vielen nützlichen Infos grosszügig dargestellt. Auch Apple Carplay funktionierte bei unserem Modell sehr gut.
Am Lenkrad gibt es Tasten für die Lautstärke, die Sprachsteuerung, den Drive-Assistenten und die Bedienung des Digital Cockpits. Alles recht intuitiv und für Škodafahrern sicher bekannt.
Ladevorgänge der Batterie sowie die Vorklimatisierung des Innenraums lassen sich über die MyŠkoda App bequem aus der Ferne steuern. Leider konnten wir das nicht testen, da eine Registrierung nötig ist. Toll ist, was Škoda Schweiz für seine Kundschaft beim Stammwerk herausgeholt hat: So wird jeder Enyaq in der Schweiz standardmässig mit einer Wärmepumpe zum Heizen und Kühlen und einem Ladekabel ausgeliefert.
Die Reichweite
Sie ist bei diesem Fahrzeug kein Thema mehr. Unterwegs zu sein mit einem Elektrofahrzeug ist, wie es ein treuer LinkedIn Follower von eTrends nannte, reisen. Unser Fahrzeug verfügte über eine 82-kWh-Batterie und eine Leistung von 150 kW. Damit ist es nicht gerade eine Rakete beim Beschleunigen, aber es läuft flott, gleichmässig, ruhig und für die meisten Alltagssituationen absolut genügend. 8,7 Sekunden braucht es von 0 auf 100. Der IV 80X, das nun verfügbare Allradmodell, würde dies in 6,9 Sekunden schaffen.
Unser Experiment von Nord nach Süd
Wir hatten uns, um zu beweisen, dass Reichweite in der Schweiz kein Thema mehr sein sollte, ein kleines Projekt ausgedacht. Auf das Resultat waren wir und sogar Škoda Schweiz, denen wir von unserer Idee erzählt hatten, sehr gespannt. Wir wollten von der nördlichsten öffentlichen Ladestation der Schweiz ohne Ladestopp bis zur südlichsten Ladestation der Schweiz fahren. Würde das gehen? Theoretisch ja, die Reichweite gemäss WLTP wird mit 520 Kilometern angeben. Bei der Planung der Fahrt zeigte die App «A better Routeplanner» eine Restkapazität von 10 Prozent in Chiasso an. Das ist nicht sehr viel, es könnte also knapp werden. Die Probe aufs Exempel würde es zeigen.
Los ging es am Morgen in Hofen im Kanton Schaffhausen. Dort hatten wir die Batterie nochmals auf 100 Prozent geladen. Bei Affoltern, nach 44 Kilometern, sind es noch 83 Prozent Batteriekapazität. Beim ersten Stopp an der Gotthard-Raststätte Nord, zeigt unser Infodisplay immer noch stattliche 66 Prozent an, via Luzern sind wir bereits 162 Kilometer gefahren. Wir nutzen die Schnelllader auf der Raststätte nicht und fahren via Autobahn bis nach Göschenen, dann nach Andermatt und von dort bis zum Scheitelpunkt unserer Tour auf dem Gotthardpass. Mein Testmitfahrer, der mich auf dem Nord-Süd-Tripp begleitete und der schon über 100000 Kilometer mit einem Opel Ampéra zurückgelegt hat, meinte auf der Passfahrt: «Da bleibt nichts zu wünschen übrig, absolut ruhig». Auch auf der Tremola, die wir für die letzten Meter nutzten, steckte das Fahrzeug, zum Erstaunen der Kühe, die unruhige Strasse einfach weg.
Gratis bis fast nach Bellinzona
Nach einem ausgiebigen Fotoshooting mit den Windrädern auf dem Gotthard, verbunden mit etwas Rumkurven, erreichten wir das Hospiz mit noch immer 40 Prozent Batteriekapazität nach 206 zurückgelegten Kilometern. Danach ging es auf der Hauptstrasse hinunter nach Airolo, 43 Prozent, und von dort via Autobahn weiter nach Bellinzona (39 %), über den Ceneri nach Melide (25 %) und weiter bis Chiasso an die Via Livio. Dort zeigte die Bordelektronik sogar wieder 26 Prozent Batteriekapazität und 167 Kilometer Reichweite an. Wir hatten das Ziel also erreicht, die südlichste Ladestation der Schweiz, gleich vor der Grenze zu Italien und wären locker noch fast bis Mailand gekommen. Unserer Erwartungen wurden übertroffen, die Berechnungen und Schätzungen der Software auch. Es war ein grossartiges Erlebnis für uns beide. Wir sind ganz normal gefahren und haben nicht sonderlich darauf geachtet, dies möglichst effizient zu tun, zudem lief die Klimaanlage während der gesamten Fahrt. Diese Reise beweist es: Reichweite ist in der Schweiz kein Problem mehr.
Die Sitze des Enyaq erwiesen sich auf dieser Reise als äusserst bequem, sie sind straff, nicht hart, aber auch nicht zu weich. Trotzdem gönnten wir Fahrer uns eher mehr Pausen, als Ladestopps möglich gewesen wären. Die Pizza in Chiasso war dann redlich verdient! Der Enyaq bekam derweilen Ökostrom von der Ladestation.
Bild: Eindrückliche Leistung. Die gefahrenen Kilometer mit den entsprechenden Höhenprofilen sowie dem Akkustand des Skoda Enyaq. Der Gotthardpass ist sehr gut zu erkennen. Interessantes Detail, das von der Passhöhe bis Airolo 3 % der Batterie-Kapazität zurückgewonnen wurden.
Eindruck des Fahrzeuges
Wir blicken also gerne auf diese spannende Testfahrt zurück, und kommen nochmals kurz auf das Fahrzeug zu sprechen. Die grossen Aussenspiegel des Enyaq ermöglichen einen guten Blick nach hinten. Die Schaltwippen am Lenkrad, die wir lieben, haben leider nur je nach Drive-Mode eine Funktion. Im Modus B lässt sich damit die Stärke der Rekuperation einstellen. Nach dem Bremsen geht sie wieder zurück auf Auto, was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Bei der Talfahrt vom Gotthard erreichten wir Rekuperations-Spitzenwerte von 92 kWh. Es würde sich also theoretisch lohnen, auf dem Gotthardpass noch einen oder zwei Rucksacktouristen mitzunehmen, um dank höherem Gewicht möglichst viel zu rekuperieren. Der intelligente Assistent orientiert sich für die Rekuperation sogar am Navigationssystem. Das merkt man, wenn man auf eine Haarnadelkurve zufährt und das Fahrzeug stärker rekuperiert als wenn man auf einer Geraden den Fuss vom Gaspedal nimmt. Auch das ist zuerst etwas gewöhnungsbedürftig, aber danach eine grossartige Funktion.
Zu den tollen Funktionen zählen wir zudem auch das Licht, das die Strasse top ausleuchtet. Das Abbiegelicht schafft es auf magische Weise, jede Seitenstrasse sehr schön auszuleuchten, bevor man abbiegt. Das nennen wir Sicherheit.
Bilder oben: Die optionalen Voll-LED-Matrix-Scheinwerfer bieten sehr viel Sicherheit. Dabei ermöglichen 24 individuell ansteuerbare LEDs in jedem Matrix-Fernlichtmodul, immer mit Fernlicht zu fahren, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu blenden. Fahrzeuge, reflektierende Personen oder Objekte, die von einer Kamera an der Frontscheibe erkannt werden, blendet die intelligente Licht-Technologie automatisch aus dem Lichtkegel aus.
Was wir vermisst haben, sind die Live-Verkehrsdaten am Navi. Und wir verstehen nicht, auch wenn es nur ein Detail ist, weshalb das berührungslose Qi-Ladefach für das für ein iPhoneMax zu klein ist, bzw. weshalb dieses nur ohne Hülle ganz knapp reinpasst. Leider funktioniert die Ladefunktion auch dann nicht immer zuverlässig. Woran es liegt, haben wir nicht rausgefunden, und haben deshalb eine der beiden sehr praktischen USB-C-Buchsen genutzt. Wenn der Enyaq als Servicefahrzeug genutzt wird, dürften die grosszügigen Ablageflächen und Stauräume im Fahrzeug ebenfalls sehr praktisch sein. Wenn wir abschliessend noch etwas kritisieren dürfen, dann die Griffe innen an den Fronttüren. Geht das nicht schöner? Diese Plastikteile…. schade. Unschön war auch, dass das Navi in den drei Testwochen zweimal hängen blieb. Fahrzeug abschalten und wieder einschalten löste das Problem.
Erfahrungen im Alltag
Nach der Nord-Süd-Testfahrt, hatten wir die einmalige Gelegenheit, das Fahrzeug zwei weitere Wochen im Alltag zu testen, oder besser gesagt zu erleben. Schnell ist man damit vertraut und fühlt sich wohl damit. Tägliches Laden ist, wen wundert’s, nicht nötig. Wir fuhren an einige Meetings, auf der Autobahn, auf Landstrassen. Für die Ferienwoche führte unsere Reise über den Flüelapass ins Engadin, was absolut problemlos möglich ist.
Reisen und Arbeiten wird mit dem Enyaq kein Problem darstellen. Ein grosser Kofferraum und ein grosser Akku sind vorhanden. Rechts: Auf der Staumauer des Lago die Luzzone im Bleniotal (TI). Die Wasserkraft wird zunehmend ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung der Elektromobilität in der Schweiz spielen. Der Besuch mit dem Enyaq lag deshalb nahe.
Auch in dieser Woche war die Reichweite nie ein Thema, dafür wurde Passfahren zum Spassfahren. Der Kofferraum bietet ordentlich Stauraum, und zur Not hat es auch zwischen Fahrer- und Rücksitzen genügend Platz für Foto- und Kühltaschen und vieles mehr. Unterwegs keine Abgase aus dem Auspuff zu lassen und nicht mehr an Tankstellen stoppen zu müssen hat grosse Vorteile. Deshalb gaben wir das Fahrzeug nach den drei Wochen mit grossem Bedauern zurück.
Ein schönes Auto
Die Zukunft ist elektrisch, der Škoda Enyaq eine erschwingliche Wahl, Preis-Leistung stimmen sehr gut, die Einstiegspreise beginnen bereits bei 42'590.—Franken. Unser Durchschnittsverbrauch in den drei Wochen lag bei attraktiven 17,1 kWh/100 km. Für Flottenkunden noch wichtig zu erwähnen ist, dass der Enyaq nicht als SUV eingestuft wird, wodurch Strassenverkehrsabgaben eingespart werden im Vergleich zu ähnlichen Fahrzeugtypen. Spielen Sie mit dem Gedanken, privat oder als Firma ein elektrisches Fahrzeug anzuschaffen, sollten Sie sich den Škoda näher anschauen.
Impressum
Autor: René Senn
Bilder: René Senn und Škoda Schweiz0
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