Mit einem Kollegen hat der Autor eine ausgiebige, rund 300 km lange Testfahrt durch die Zentralschweiz unternommen.
On the road: Mit einem Kollegen hat der Autor eine ausgiebige, rund 300 km lange Testfahrt durch die Zentralschweiz unternommen. Beide hatten grosse Freude an der Performance und an den Fahreigenschaften des EX 30.

Vollelektrisch und sehr effizient

 

Klein, wendig und effizient: Der Volvo EX30 bewährt sich im eTrends-Praxistest durch die Schweiz. Er ist perfekt für den Alltag.


Text und Fotos: René Senn


Lassen Sie mich diesen Testbericht mit einer kurzen Begebenheit beginnen. Immer wenn ich ein Elektrofahrzeug testen kann, lade ich meinen Junior (29) auf eine kleine Testfahrt ein. Denn mir ist wichtig zu erfahren, was die junge Generation über die neuen elektrischen Fahrzeuge denkt. So fahre ich also bei ihm zu Hause vor und will ihm das Steuer überlassen. Er ist ein Fan von Schweden, und somit ist der EX30 natürlich perfekt, um ihn zu überraschen. Er öffnet dessen Tür und sagt: «Oh, da hast du eine gemütliche Wohn-Lounge mitgebracht.» Ich: «Warum Lounge, das ist ein Rennwagen!» Er lacht… Ich lasse es erst mal so stehen und denke, wenn er die gleichen Erfahrungen macht wie ich, wird er seine Aussage revidieren.

Aufschliessen, einschalten, alles geht automatisch bei diesem Fahrzeug. Am Schlüssel gibt es nicht mal einen Öffnen- oder Schliessen-Knopf. Die Bremse drücken, den Fahrwählhebel, der sich am Lenkrad orientiert, nach unten ziehen, und los geht es. Als wir das erste Mal auf die Schnellstrasse einbiegen, stellt mein Sohn überrascht fest: «Dieser Volvo hat aber ordentlich Dampf unter der Haube!» Jetzt kann ich mir das Lachen nicht verkneifen und erwidere: «Nicht unter der Haube, er ist ja vollelektrisch und hat zwei Elektromotoren mit insgesamt 428 PS Leistung.» Und in der Tat, knapp 2,7 Sekunden dauert die Beschleunigung von 60 auf 100 km/h. Von 80 auf 120 km/h geht es in zackigen 3,6 Sekunden. Ah ja, unter der Haube findet man das Pannendreieck, und es hat auch Platz für weitere Dinge wie ein Ladekabel…

Klein und wendig

So viel zu meiner «Vater-Sohn-Testfahrt» mit diesem wirklich sehr schicken kleinen Schweden, dem man seine Lust am Sprinten von aussen nicht ansieht. Ich nehmen es gleich vorweg, er hat mir sehr gut gefallen. Er hat in jeder Parklücke super Platz, kommt unaufgeregt, aber sehr modern daher, ist wendig und kompakt und hat ordentlich «Zupf». Die getestete Version hatte Allrad-Antrieb, perfekt für die Schweiz, perfekt für Kurven, Schnee und Eis.

Wie erwähnt, ist die Beschleunigung fantastisch. Egal, wie steil der Berg ist, der EX 30 von Volvo zieht davon. Und glauben Sie mir, manche Strassen auf der Testfahrt in der Zentralschweiz waren steiler als breit. Der Wagen wird ohne irgendwelches Ruckeln und ohne jedes Leistungsloch satt und gleichmässig von den beiden Elektromaschinen hochgezogen bis zur gewünschten Geschwindigkeit. Deshalb bekommt er von mir eine super Note.

Wer jetzt denkt, das Fahrzeug will wegen seiner 69-kWh-Batterie gleich wieder an die Steckdose, liegt falsch. Der Hersteller gibt einen Verbrauch von 17,5 kWh nach WLTP an. Ich habe diesen Wert in den zwei Testwochen sogar unterschritten. 526,6 km sind ich und weitere Personen kreuz und quer durch die Schweiz gefahren, unser Durchschnitt lag dabei bei hervorragenden 16,8 kWh/100 km. Bei der ersten Testfahrt, auf der wir nicht nur auf der Autobahn, sondern auch auf und ab durch die Schwyzer Bergwelt gefahren sind, benötigte das Fahrzeug für die 290 km sogar nur 16.5 kWh/100 km. Der niedrige Verbrauch ist auch damit zu erklären, dass der EX 30 auf steilen Talfahrten mit 80 kW und mehr rekuperiert. Und er ist zustande gekommen, obwohl mein Kollege den EX 30 bergauf nicht geschont hat, so viel kann ich verraten.

Nur für eine grössere Reise dürfte der Kofferraum etwas knapp bemessen sein.
Nur für eine grössere Reise dürfte der Kofferraum etwas knapp bemessen sein. Dafür ist der EX 30 für den Alltag sehr kompakt und wendig und unterscheidet sich damit von all seinen grossen, schweren SUV-Schwestern und -Brüdern am Markt.

Gute Ladeperformance

Auch an der Ladestation macht der kleine EX 30 eine grosse Figur. Wird auf dem Navi als Ziel eine Ladestation eingegeben, wird die Batterie entsprechend vorkonditioniert. Knapp 90 kW (SOC 55%) erreichte unser Testfahrzeug an der Gofast-Station um 21.48 Uhr am Flughafen Zürich. Gemäss Volvo Cars sollen es bei der DCLadung maximal 158 und im Durchschnitt 114 kW sein. Bei einem weiteren Ladetest an der Ionity Station Kemptthal erreichten wir kurzzeitig, bei SOC 38%, sogar 157 kW. Dieser Wert geht dann aber relativ rasch zurück und betrug bei SOC 67% noch 66 kW. In der Praxis steht der EX 30 an öffentlichen DC-Schnellladestationen damit sicher gut da, er kann in 26,5 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen werden. Da er jedoch so wenig verbraucht, konnten wir dies im Testzeitraum nicht an weiteren Stationen prüfen, was doch viel sagt über den kleinen Schweden.

Die Lounge auf Rädern

Der Innenraum des EX30 folgt einem skandinavisch inspirierten, minimalistischen Designansatz, der Einfachheit und Eleganz betont. Den Lounge-Charakter habe ich eingangs bereits erwähnt. Ein Harman/Kardon-Soundsystem sorgt für einen guten Sound im Inneren. Die Gestaltung ist funktional und reduziert, ohne überflüssige Elemente, oder besser gesagt praktisch ohne Schalter. Anstelle der Instrumente wie Tacho, Schalter und Taster und vielem mehr, die wir aus klassischen Fahrzeugen kennen, ist nur noch ein 12,3-Zoll-Zentraldisplay vorhanden, das auf dem Google-Car-Betriebssystem basiert. Über das Display werden die Lüftung, Klimaanlage und die Spiegel gesteuert, und sogar der Tacho, die erlaubte Geschwindigkeit und der Blinker werden neben der Navigation usw. angezeigt. Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber man kommt relativ schnell damit klar. Sogar das Handschuhfach klappt per Druck auf einen Button auf dem Zentraldisplay auf, nicht auf der Beifahrerseite, sondern in der Mitte nach unten. Wie ich schon in anderen Reviews geschrieben habe, bin ich kein Fan dieser grossen Touchpanels, ich bevorzuge Knöpfe und Schalter. Was ich jedoch etwas vermisst habe, ist ein Head-Up-Display, eventuell ist es dem günstigen Preis des EX30 zum Opfer gefallen. Die Fahrfreude und der Spass mit dem wendigen EX 30 haben dieses kleine Manko für mich aber wieder ausgeglichen. Er lenkt sehr präzise. Die Lenkung lässt sich sogar auf drei unterschiedliche Stufen einstellen, und Schläge in der Strasse werden vom Fahrwerk sauber weggesteckt.

 

Sicherheit hat Tradition

Dass die Schweden das Thema Sicherheit gross schreiben, ist allgemein bekannt, sind sie doch die Erfinder des Dreipunkt-Sicherheitsgurts, wie wir ihn heute kennen. So sind auch im EX30 serienmässig umfassende Sicherheitssysteme verbaut. Dazu gehören ein automatisches Notbremssystem, das Fahrzeuge, Fussgänger, Fahrradfahrer und Motorradfahrer erkennen kann, ein Notbremsassistent für Kreuzungen, ein aktiver Spurhalteassistent sowie die «Oncoming Lane Mitigation», die mit aktivem Lenkeingriff gegensteuert, falls man auf die Gegenfahrbahn gerät. Zusätzlich ist ein «Door Opening Alert» integriert, der beim Öffnen der Türen vor möglichen Kollisionen warnt, sowie ein Fahrer-Assistenzsystem mit Spurwechselassistent. Und natürlich darf heute eine 360°-Rundumkamera für Parkmanöver nicht fehlen.

Ein Feature war neu für mich: Anstelle des Tachos haben die Entwickler im EX30 eine kleine Kamera verbaut. Sie achtet darauf, dass der Fahrer oder die Fahrerin nicht von der wesentlichen Aufgabe des Fahrens abgelenkt ist. Schaut man einige Sekunden zur Seite, macht das Infotainment-System mit einem Piepton darauf aufmerksam. Auch wenn hinter dem Lenkrad gegähnt wird, schlägt das Fahrzeug vor, bald eine Kaffeepause einzulegen; ich habe das mehrmals ausprobiert, das war ziemlich lustig. Sichtbar ist der Ort, wo die Kamera verbaut ist, nur in der Nacht, dann deutet ein kleines, sanft leuchtendes, rotes IR-Lämpchen darauf hin, dass dort etwas versteckt sein muss. Wird dieser Bereich mit einem Gegenstand abgedeckt, kommt aus Sicherheitsgründen sofort ein Signal. Generell piepst immer wieder etwas in den neuen Fahrzeugen, und die Hersteller und Gesetzgeber müssen darauf achten, dass es nicht zu viel wird. Denn sonst blendet man die Warnungen rasch aus und sie werden wirkungslos.

 

Fazit zum EX30

Mein Fazit nach zwei Wochen Testfahrt: Der EX30 ist ein sehr hübsches, modernes Fahrzeug, das mit toller Motoren- und Fahrperformance aufwartet und viel Fahrfreude bereitet. Für den Innenraum – wie erwähnt praktisch eine Lounge – stehen vier von der skandinavischen Natur inspirierte Designs zur Auswahl. Wo immer möglich wird recyceltes Material aus alten PET-Flaschen oder Fischernetzen verwendet. Wermutstropfen sind für mich das zentrale 12,3-Zoll-Google-Panel, über welches das komplette Fahrzeug bedient werden muss, und das fehlende Head-Up-Display. Der sehr attraktive Einstiegspreis von 37850 Franken macht dafür elektrisches Fahren für all jene attraktiv, für die weniger mehr ist. Die Sitze sind sehr bequem, auch auf längeren Touren. Für diese Touren reicht der relativ kleine Akku dank minimalem Verbrauch, jedoch dürfte der Kofferraum schnell einmal zu klein sein. Urban mit dem EX30 unterwegs zu sein, macht aber definitiv Spass.

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