Batterieautos puffern Solarstrom
Der ZEV Erlenmatt-Ost war in den letzten Jahren Schauplatz eines Forschungsprojekts zur Elektromobilität, das in einer ersten Pilotphase (2017–2018) vom Amt für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt und ab 2019 vom Bundesamt für Energie finanziell unterstützt wurde. Im Zentrum des Projekts standen die zwei Elektromobile in der Tiefgarage. Das Besondere daran: Die Ladestationen [Marktübersicht Ladestationen] funktionieren bidirektional, sie erlauben also nicht nur das Laden, sondern auch das Entladen der Batterien. Die sogenannte Vehicle-To-Grid-Technologie (V2G) macht es möglich, die Elektroautos als Pufferspeicher zu nutzen. Sie speichern an Tagen mit hohem Solarertrag «überflüssigen» Solarstrom, den sie in den Abendstunden, wenn Bedarf besteht, über das Arealnetz an die Haushalte abgeben. Lade- und Entladevorgänge werden über ein zentrales Energiemanagementsystem gesteuert. Das primäre Ziel dabei ist die Reduktion der Bezugsspitzen in Zeiten mit hohem Stromverbrauch auf dem Areal (Hochlastzeiten).
«Wir konnten zeigen, dass die beiden E-Mobile über die bidirektionalen Ladestationen zuverlässig in das Stromnetz eingebunden und ihre Batterien dank Energiemanager als Pufferspeicher genutzt werden können», fasst Projektleiterin Dr. Anna Roschewitz, Co-Geschäftsführerin der Forschungs- und Beratungsfirma novatlantis GmbH, ein Hauptergebnis des Projekts zusammen. Der Wermutstropfen: Der CHAdeMO-Standard, auf dem die bidirektionalen Ladestationen beruhen, wird aktuell nur von Nissan, Mitsubishi und Peugeot unterstützt.
Viele Elektroautos, grosser Effekt
Die Idee, Batterieautos als Pufferspeicher zu nutzen, wurde vor einigen Jahren in einem Tessiner Pilotprojekt untersucht (vgl. BFE-Fachartikel «Elektroautos mit klugen Speichern», abrufbar unter https://pubdb.bfe.admin.ch/de/publication/download/9444). Beim Basler Projekt wird die Speicherfunktion der E-Mobile nun als integraler Bestandteil eines lokalen Stromnetzes genutzt, und dies bei Carsharing-Fahrzeugen. Auf den ersten Blick mag es seltsam anmuten, ein Elektromobil gleichzeitig vermieten und als Speicher nutzen zu wollen. Das Basler Forschungsprojekt belegt nun, dass die beiden Nutzungen durchaus vereinbar sind, zumindest bis zu einem gewissen Grad: Um die Vermietung sicherzustellen, ist die Batterie stets mindestens so geladen, dass eine gewisse Mindestreichweite gewährleistet ist (z.B. 50 km, Wert einstellbar). Wird ein Auto per App oder Webseite vorgängig reserviert, sorgt der Energiemanager dafür, dass die Batterie zum Zeitpunkt der Anmietung auf die vom Nutzer gebuchte Reichweite plus Reserve geladen ist.
Die Batterien der beiden E-Mobile haben zusammen eine Speicherkapazität von 80 kWh. Rund die Hälfte kann für V2G genutzt werden. An schönen Tagen können so 40 kWh Solarstrom vom Tag in den Abend verlagert und der Eigenverbrauch an Solarstrom erhöht werden. Gleichzeitig können die Batterien – und das war der Hauptfokus des Projekts – eingesetzt werden, um Bezugsspitzen des Areals zu reduzieren. Da die Entladeleistung der Fahrzeuge herstellerseitig auf je 10 kW begrenzt ist, stehen dafür 20 kW zur Verfügung – relativ wenig, wenn man bedenkt, dass die abendlichen Bezugsspitzen des Areals mitunter 300 kW betragen. «Dass die Entladeleistung der beiden E-Mobile vergleichsweise gering ist, schmälert den Erfolg unseres Forschungsprojekts in keiner Weise, denn es ging uns um den Proof of Concept, und dieser ist uns gelungen», sagt Prof. David Zogg, der mit seiner früheren Firma Smart Energy Control den auf dem Areal eingesetzten Energiemanager entwickelt hat. «Mit grösseren Elektromobil-Flotten, grösseren nutzbaren Batteriekapazitäten und erhöhten Entladeleistungen werden wir wesentlich grössere Effekte erzielen, die sich auch finanziell auszahlen werden.» Zogg bezieht sich mit der Aussage auf entsprechende Simulationsrechnungen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW (siehe folgender Kasten).
Nutzung gezielt lenken
Das Forschungsteam der ZHAW hat auch untersucht, ob sich die Nutzung der Elektromobile über einen finanziellen Anreiz so lenken lässt, dass sie ihre Funktion als Pufferspeicher optimal erfüllen bzw. Strom in den verbrauchsstarken Abendstunden liefern können («Peak Shaving»). Zu diesem Zweck wurde die Nutzungsgrundgebühr pro Stunde im 3. Quartal 2021 zwischen 18 und 22 Uhr versuchsweise auf 16 Fr. verdoppelt. In den übrigen Stunden wurde die Grundgebühr von 8 Fr. auf null gesetzt, um einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen. Die Nutzungsgebühr pro Kilometer blieb unverändert.
«Unsere Auswertungen zeigen, dass es mit einem finanziellen Anreiz in Kombination mit Kommunikationsmassnahmen grundsätzlich möglich ist, die Nutzung des E-Carsharings zum Zwecke des Peak Shavings zeitlich zu verschieben und gleichzeitig die Nutzung des E-Carsharings-Angebots generell zu fördern», sagt ZHAW-Forscher Uros Tomic. Nur noch 3 Prozent der Nutzungsdauer entfielen im Versuchszeitraum (3. Quartal 2021) auf die Zeit zwischen 18 und 22 Uhr (gegenüber 15 % im 3. Quartal 2020). Zudem wurden die E-Mobile jetzt häufiger genutzt als im Vorjahreszeitraum (251 statt 173 Stunden). Insgesamt 46 Personen des Erlenmatt-Ost-Areals haben eines der beiden Elektroautos seit Anfang 2019 mindestens einmal genutzt.