Wir sind eine sehr attraktive Branche für den Nachwuchs. Dennoch stellt sich oft die Frage, ob wir das Maximum für ihn tun und was einen guten Ausbildungsbetrieb ausmacht. Welchen Anforderungen müssen Berufsbildende heute gerecht werden, und wo erhalten sie Unterstützung?


Text: Annette Jaccard, René Senn


eTrends hat in den letzten drei Jahren im Rahmen seiner Serie «Wir sind Zukunft» über 15 junge Lernende aus der Elektrobranche interviewt und porträtiert. Ihnen gefällt es in ihren Lehrbetrieben, wenn das Arbeitsklima gut und der Umgangston freundlich ist, wenn sie angstfrei alles fragen können, wenn sie merken, dass sie und ihre Vorschläge wahrgenommen werden, und wenn sie konstruktives Feedback für ihre Arbeit erhalten.

Wichtig ist auch, dass sie sich in schwierigen Situationen an ihren Lehrlingsbetreuer oder -betreuerin wenden können. Dies kann – gerade bei Frauen – sein, wenn ein Spruch oder Witz nicht mehr lustig, sondern verletzend ist, oder wenn ein Lernender mit dem Schulstoff oder der Situation im Elternhaus überfordert ist. Lehrlingsbetreuer müssen adäquat auf diese und andere Anliegen der Lernenden eingehen können.

Die Ausbildungsqualität zeigen

Wie wir in unseren Interviews gesehen haben, werden viele Ausbildungsbetriebe diesen Anforderungen gerecht, die Lernenden fühlen sich wohl und werden ihre Ausbildung abschliessen. Sie äussern sich auch positiv über ihren Lehrbetrieb, was es diesem in den Folgejahren erleichtert, neue Lernende zu gewinnen.

Doch nach aussen sind diese guten Lehrbetriebe in der Regel nicht sichtbar, weshalb sich potenzielle Lernende und Eltern fragen könnten, ob es in der Elektrobranche keine guten Ausbildungsbetriebe gibt. Denn in anderen Branchen wie der Gastronomie und Hotellerie, aber auch in der Holzindustrie und Floristik, machen Lehrbetriebe mit dem Label TOP-Ausbildungsbetrieb auf sich aufmerksam. Hinter dem Label steht die gleichnamige Stiftung, deren Ziel es ist, «dass Lernende und Lernbegleiter als Team zusammenarbeiten und beide voneinander profitieren können.»

Die Stiftung bietet Lehrbetrieben die Möglichkeit, sich in einem dreistufigen Verfahren mit dem Label TOP-Ausbildungsbetrieb (TAB) zertifizieren zu lassen, das vor allem in der Kommunikation wirkungsvoll genutzt werden kann. Die Kosten dafür sind überschaubar.

Die Ausbildungsqualität verbessern

Betriebe, denen es an Ressourcen für eine gute Ausbildung fehlt, die Mühe haben bei der Rekrutierung von Lernenden oder die mit Lehrabbrüchen konfrontiert sind, erhalten bei TOP-Ausbildungsbetriebe die nötige Unterstützung, um die Situation zu verbessern. Sie können beispielsweise den Kurs «Gemeinsam stark» besuchen, der die Beziehung zwischen Lernenden und Berufsbildenden stärkt, und sich so für die Zertifizierung fit machen.

Dreistufiges Verfahren

Eine Zertifizierung können die Betriebe in ihrem eigenen Tempo angehen und nebst den Pflichtkursen auch Themenkurse besuchen. Das Zertifizierungsverfahren besteht aus drei Stufen: Stufe 1 umfasst einen eintägigen Einstiegskurs sowie eine Selbstdeklaration, mit der die Betriebe bestätigen, dass sie alle grundlegenden Ausbildungsvorgaben erfüllen. Kosten: 830 Franken.

Stufe 2 beinhaltet den zweitägigen Kurs «Entdeckendes Lernen» mit Praxisübungen im eigenen Betrieb und den eintägigen Kurs «Mit Hilfe des Ausbildungsberichts nachhaltig ausbilden». Kosten: 1140 Franken.

Stufe 3 besteht aus zusätzlichen Kriterien, die die Betriebe erfüllen müssen, sowie weiteren Kurse, die individuell auf die Bedürfnisse der Unternehmen abgestimmt werden. Das Assessment für Stufe 3 übernimmt eine verbandsunabhängige Stelle. Kosten: ca. 4200 Franken.

Zu diesen Kosten hinzu kommt der Jahresbeitrag an TAB, der ja nach Grösse des Ausbildungsbetriebs zwischen 225 und 2500 Franken beträgt.


Weitere Informationen

Lehrbetriebe, die sich für eine Zertifizierung oder Kurse von TAB interessieren, finden alle Informationen auf www.topausbildungsbetrieb.ch.

Weiterer Artikel zum Thema

«Vielen Berufsbildenden fehlt das pädagogische Rüstzeug»

Ein neues nationales Weiterbildungsprogramm hilft den Berufsbildnerinnen und -bildnern in allen Branchen, die heutige Jugend besser zu verstehen und Lernende zu motivieren. Im Interview erklärt Thomas Rentsch, Initiator des Programms, welche Erkenntnisse er aus einer grossen Umfrage gezogen hat und wie sich die Rolle der Berufsbildenden verändert.

Veröffentlicht am: