Was bewegt und was beschäftigt die Lernenden der Elektrobranche? Wir bringen Licht ins Dunkel und porträtieren in diesem Spotlight Sina von Allmen, die Elektroplanerin EFZ lernt. Sie arbeitet im 2.Lehrjahr bei der Firma Bering AG in Interlaken.
Text: Annette Jaccard
Fotos: Michael Donadel
Wir treffen Sina an einem strahlenden Sommertag im Büro der Bering AG in Interlaken. Sie nimmt sich viel Zeit für uns und berichtet ausführlich über ihren Werdegang, ihre Arbeit und ihre Hobbies.
Wie bist du auf diesen Beruf gekommen?
Ich komme aus einer sehr handwerklichen Familie, meine Eltern führen eine Schreinerei. Mein Vater ist Hochbauzeichner und Schreinermeister, meine Mutter und meine Schwester arbeiten als Hochbauzeichnerinnen. Ich wollte zuerst Schreinerin lernen, aber ständig schwere Dinge heben zu müssen, hat mich abgeschreckt, auch weil Rückenprobleme in der Familie liegen. Mein Onkel hat ein Elektrogeschäft, so hatte ich auch Einblick in diesen Bereich und entschied mich für Elektroinstallateurin. Leider bekam ich nach 1,5 Jahren tatsächlich Schwierigkeiten mit den Bandscheiben wegen der Arbeit und dem Sport (ich war Unihockey-Goalie) und musste ein halbes Jahr aussetzen. Danach wechselte ich zu Elektroplanerin, da arbeitet man hauptsächlich im Büro. Aber ich vermisse die Baustelle schon.
Was schätzt du am meisten an deinem Beruf?
Elektroplanerin ist ein zukunftssicherer Beruf, wir werden immer und überall gebraucht. Und wenn man in der Schule aufpasst und die Instruktionen des Projektleiters befolgt, kann man relativ schnell selbstständig arbeiten. Ich arbeite unter Projektleiter Patrick Scheidegger an verschiedenen Projekten, einem Spital-Teilneubau in Interlaken, einem Altersheim-Neubau in Brienz, an einem Hotel in Mürren und an Mehrfamilienhäusern. Zum Beispiel passe ich die Schemas an, wenn es Veränderungen gab. Ich musste auch schon handschriftliche Notizen eines Elektroinstallateurs übertragen. Wir haben das dann am Telefon gemacht. So lerne ich viele Leute kennen, die an den Projekten beteiligt sind, die Elektroinstallateure, Architekten, Sanitärinstallateure, und erhalte Einblick in ihre Berufe.
Welche Stärken kannst du in deinen Beruf einbringen?
Weil das erste Lehrjahr bei Elektroinstallateurin und Elektroplanerin vom Stoff her gleich sind, hatte ich bei Lehrbeginn schon ein Grundwissen. Ich wusste auch, wie es auf Baustellen aussieht, das ist sicher ein Vorteil gegenüber den Planer:innen, die nur im Büro sind. Sie gehen am Anfang der Lehre nicht auf die Baustellen, weil sie dort nichts Konkretes arbeiten können.
Ich habe ein gutes Vorstellungsvermögen, kann mir vergegenwärtigen, wie es auf der Baustelle aussieht und das auf die Pläne übertragen. Ich arbeite gerne alleine und bleibe an etwas dran, bis es fertig ist, so sehe ich auch das Resultat.
Was ist deine Lieblingsaufgabe?
Prinzipschemas zeichnen, denn sie ergeben eine logische Struktur. Man sieht zum Beispiel, wie die Leitungen der LAN-Steckdosen jedes Stockwerks im Keller zusammenkommen.
Mit welchen Aufgaben kann man dich eher nicht motivieren?
Mit administrativen Sachen wie Offerten vergleichen, Rechnungen kontrollieren und solchen Dingen. Aber sie müssen halt auch gemacht werden.
Wann fühlst du dich bei der Arbeit wertgeschätzt?
Wenn der Projektleiter meine Arbeit lobt, freut mich das natürlich. Und wenn ich in einem Projekt eine Idee einbringe, die dann übernommen wird, macht mich das stolz.
Gibt es eine besondere Erfahrung / eine Geschichte aus deiner bisherigen Ausbildung, die du mit uns teilen möchtest?
Gewisse Dinge muss man einfach durchstehen und dabei an sich glauben. Als ich die Rückenprobleme hatte, konnte ich mich ein halbes Jahr kaum bewegen. Das war sehr hart, und ich musste für mich etwas finden, an dem ich mich Stückchen für Stückchen hochziehen konnte. Und wenn es gar nicht geht, muss man einen Ausweg suchen, das habe ich getan mit dem Wechsel zur Elektroplanerin. Wenn man auf das Bauchgefühl vertraut, kommt es meistens gut.
Was macht dein Unternehmen besonders gut?
Bering ist ein grösseres Unternehmen mit Hauptsitz in Bern und fünf Aussenbüros wie unseres in Interlaken. Alle Büros arbeiten gut zusammen und verteilen die Arbeit auch untereinander, wenn ein Büro irgendwo zu wenig Kapazitäten hat.
Stimmt der Lohn für dich?
Ja, für die Arbeit im zweiten Lehrjahr.
Welches ist für dich in der Elektrobranche die grösste Innovation der letzten Jahre?
Die Innovationen finden hauptsächlich bei Geräten statt, mit denen wir nicht arbeiten. Und viele der Innovationen wie zum Beispiel Gebäudeautomation finden die Bauherrschaften zu teuer. Ich kenne nur KNX, das lässt sich gut zeichnen und ist in den letzten Jahren günstiger geworden. Unser Büro ist smart ausgebaut.
Was sollte die Elektrobranche aus deiner Sicht besser machen?
Es sind nach wie vor alles Männerberufe. Ich weiss nicht, ob Frauen das Bedürfnis haben, in diese Berufe einzusteigen, der Umgang auf der Baustelle ist manchmal rau. Es gibt Blicke und Witze, die nicht sein müssten. Als Frau muss man leider damit rechnen, das finde ich sehr schade. Manchmal ist die Grenze zwischen Spass und Beleidung fliessend, wobei die nicht lustigen Witze eher von Leuten kommen, die man kennt. Hier muss sich die Gesellschaft noch mehr verändern. Ein ewiges Thema auf den Baustellen ist auch die Hygiene, manche Männer sind in dieser Hinsicht einfach Grüsel. Zuhause würden sie ihr WC sicher nie so zurücklassen.
Es sollten unbedingt mehr Frauen in die Elektrobranche und andere handwerkliche Berufe kommen! Sie sind sehr cool und vermitteln auch viel fürs Leben.
Und es braucht eine bessere Kommunikation zwischen den Leuten auf der Baustelle und jenen im Büro, um Fehler und Stress zu vermeiden.
Findest du, dass du einen modernen oder eher traditionellen Beruf erlernst?
Das Arbeiten selbst wird immer moderner. Mit unserem Programm können wir in 3D zeichnen, das wird auch immer häufiger verlangt. In den Köpfen gibt es aber noch viele alte Denkmuster, zum Beispiel wie vorhin beschrieben zu Frauen auf Baustellen und dem Umgang mit ihnen.
Wie erlebst du den Lehrbetrieb und das berufliche Umfeld im Vergleich zu deinen Kollegen aus anderen Branchen?
Der Umgang in unserem Team ist mega gäbig, wir haben es gut miteinander. Mit meinen Kolleginnen und Kollegen rede ich eigentlich nicht über unsere Berufe an sich, wir erzählen uns eher Anekdoten aus dem Arbeitsalltag.
Was möchtest du zukünftigen Lernenden weitergeben?
Sie sollen in der Schule und im Betrieb immer zuhören, mitdenken und lernen. In der Schule ist es wichtig, insbesondere beim Thema Strom gut aufzupassen, weil man sich Strom nicht vorstellen kann. Erst wenn man ein Verständnis dafür entwickelt hat, kann man sicher damit arbeiten und korrekte Berechnungen anstellen.
Was wirst du nach deiner Grundbildung machen?
Ich werde wohl zuerst ein paar Jahre als Planerin weiterarbeiten, eventuell auch als Projektleiterin oder Lehrlingsbetreuerin. Ich kann mir aber auch vorstellen, etwas ganz anderes zu machen. Fotografieren und Filmen sind grosse Hobbies von mir, wer weiss, vielleicht mache ich sie eines Tages zum Beruf.
Du hast angedeutet, dass du viele Hobbies hast. Fotografie und Töff fahren sind zwei davon. Und Theater spielst du auch. Wo?
Diesen Sommer wurde an den Tellspielen in Interlaken «Robin Hood» aufgeführt. Ich spielte die Helena, die Geliebte von Robin Hood, und somit eine der Hauptrollen. Das machte sehr viel Spass. Zudem fotografierte und filmte ich für die Social-Media-Beiträge zum Theaterstück. So konnte ich gleich zwei Hobbies verbinden.
In den sechs Beiträgen im Jahr 2024 stehen vielversprechende und aufstrebende Talente der Elektrobranche im Mittelpunkt. Was denken sie, was erwarten sie, wie sehen sie die Branche? Lernen Sie, liebe Leserinnen und Leser, Persönlichkeiten kennen, die die Zukunft unserer dynamischen, spannenden und sehr zukunftsfähigen Branche mitgestalten werden. Alle porträtierten Lernenden tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, dass die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Schweiz in Angriff genommen werden kann.
Dies oder das?
Vorname: Sina
Name: von Allmen
Alter: 18
Hobbies: Theater, fotografieren, filmen, Töff fahren, Gitarre spielen
Lieblingsmodul Berufsschule: Elektrotechnik
Lieblingsformel in der Elektrotechnik: U = R x I
Wunschnote Abschlussprüfung: 4,8. Hauptsache, ich komme durch
Zeit am Smartphone pro Tag: ca. 3 Stunden
Lieblingsmusik: Metal
Lieblingsbuch/-film/-serie: Game of Thrones
Dein meistgehörter Song in diesem Jahr? Red Flag von Billy Talent
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