Was bewegt und was beschäftigt die Lernenden der Elektrobranche? Wir bringen Licht ins Dunkel und porträtieren in diesem Spotlight Michele Isenegger, Lernender Gebäudeinformatiker Fachrichtung Planung. Er arbeitet im 2. Lehrjahr bei der Firma IBG Engineering AG in Winterthur.
Text: Annette Jaccard
Fotos: Michael Donadel
Beim Interview an seinem Arbeitsplatz sprudeln die Antworten auf unsere Fragen nur so aus Michele Isenegger heraus. Wir merken schnell: Hier sitzt uns ein engagierter Lernender gegenüber, der mit Leidenschaft für seinen Beruf einsteht und gewillt ist, viel und selbstständig dafür zu lernen. Nach dem Interview besichtigen wir den Technikraum eines neuen Firmengebäudes in Seuzach, für das IBG die Gebäudeautomation planen durfte.
Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?
Als ich Anfang der 2. Sek noch nicht wusste, was ich beruflich machen möchte, habe ich mir von der Webseite berufsberatung.ch die Liste aller Berufe ausgedruckt. Jene, die nicht in Frage kamen, habe ich durchgestrichen. So blieben 10 bis 15 Berufe übrig, alles technische. Auf e-chance.ch informierte ich mich weiter, und am Schluss war Gebäudeinformatik, Fachrichtung Planung, mein Favorit. Ich meldete mich für einen Schnuppertag bei IBG. Weil es mir gefiel und es für IBG auch passte, konnte ich noch zwei weitere Schnuppertage absolvieren. Danach entschied ich mich, diesen Beruf zu erlernen, bewarb mich bei IBG und bekam die Lehrstelle.
Ich finde, ich habe Glück mit meinem Lehrbetrieb, ich fühle mich hier pudelwohl. Der einzige Wermutstropfen ist der etwas lange Arbeitsweg, denn ich wohne in Zürich.
Wie hat dein Umfeld auf die Berufswahl reagiert?
Meine Familie war überrascht, dass ich mich so schnell entschieden hatte. Meine Eltern und die meisten Verwandten haben studiert und kannten sich deshalb mit Berufslehren nicht so aus. Aber sie meinten, Hauptsache ich mache etwas, das mir gefällt, und wenn doch nicht, könne ich immer noch wechseln, ich sei ja noch jung.
Weil es den Beruf Gebäudeinformatiker noch nicht lange gibt, muss ich den Leuten oft erklären, was man darunter versteht. Hier deshalb die Kurzversion: Wir machen Gebäude smart, das heisst so angenehm wie möglich für die Nutzenden, was zum Beispiel die Steuerung des Lichts und der Heizung angeht.
Was schätzt du am meisten an deinem Beruf?
Dass wir ein sehr gutes Arbeitsklima haben und ich alles fragen kann. Ich arbeite gerne auch lange am PC und im Büro. Bei Wind und Wetter auf der Baustelle zu installieren, wäre nicht so meins. Im bevorstehenden Praktikum mache ich dann aber genau das.
Welche Stärken kannst du in deinen Beruf einbringen?
Ich investiere viel Zeit in Dinge, die mir Spass machen, das kann auch eine Excel-Liste für ein gutes Konzept sein. Ich bleibe gerne dran an einem Problem, bis ich die Lösung gefunden habe.
Was ist deine Lieblingsaufgabe?
Es ist eine Mischung aus Schema zeichnen und Datenpunktlisten erstellen. Als Gebäudeinformatiker können wir hier auch Fehler finden, die andere gemacht haben, weil wir den Überblick über alle Gewerke haben. Man kann aus wenigen Infos sehr viel herausholen, wenn man weiss, wie.
Bei grossen Projekten gibt mir mein Lehrlingsausbildner Norman Fanconi Teilaufgaben, z. B. Topologien und eben Datenpunktlisten zu erstellen. Diese kann im Rahmen der Vorgaben jeder so machen, wie er es richtig findet. Ich füge zum Beispiel Dinge ein, die für Norman selbstverständlich sind, aber für mich und die Kunden noch nicht. So mache ich die Pläne für die Allgemeinheit verständlicher. Bei kleinen Projekten kann ich schon fast alles alleine machen und an den Sitzungen teilnehmen, das finde ich toll.
Was ist dein Lieblingsfach in der Berufsschule?
Allgemeinbildung, weil sie nicht technisch ist. Ausserhalb der Arbeit interessiere ich mich auch für Anderes als Technik, für Politik, Wirtschaft und Finanzen. Im Fach Allgemeinbildung lernen wir Dinge, die wir praktisch anwenden können.
Mit welchen Aufgaben kann man dich eher nicht motivieren?
Mit dem bevorstehenden Praktikum als Installateur und damit, bei schlechtem Wetter auf eine Baustelle zu gehen.
Wann fühlst du dich bei der Arbeit wertgeschätzt?
Wenn meine Ideen bzw. Pläne übernommen und allenfalls ergänzt werden. Auch wenn sie jemand verbessert und mir ein konstruktives Feedback gibt, fühle ich mich wertgeschätzt, denn man kann ja nie alles richtig haben.
Gibt es eine besondere Erfahrung / eine Geschichte aus deiner bisherigen Ausbildung, die du mit uns teilen möchtest?
Ich kann Schnupperlernende betreuen und habe gemerkt, dass ich das sehr gerne mache. Ich erkläre ihnen meine Arbeit und zeige ihnen meinen Alltag in der Firma. Ich bringe auch Leuten gerne etwas bei und sage ihnen, welche Fehler sie vermeiden sollten.
Was macht dein Unternehmen besonders gut?
IBG ist gross und hat verschiedene Abteilungen von Elektroplanung bis Photovoltaik. Die interne Zusammenarbeit ist gut, und wir können intern gegenseitig sehr viel Know-how abrufen. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Firmen funktioniert gut. Um eine Lehre wie meine anzubieten, braucht ein Unternehmen eine gewisse Grösse.
Stimmt der Lohn für dich?
Er ist durchschnittlich für die Elektrobranche. Zusätzlich bekomme ich einen «Leistungsbonus» je nach Noten in der Schule, so komme ich auf einen guten Lohn. Für mich zählen auch die Weihnachtsessen und andere Events zum Lohn. Ein hoher Lohn ist gut, aber wenn man ungern arbeitet, bringt er ja auch nichts.
Welches ist für dich in der Elektrobranche die grösste Innovation der letzten Jahre?
Die Automation von Steuerungen. So kann zum Beispiel eine vorkonfigurierte Steuerung die Gebäudeautomation je nach Wetterlage optimal anpassen.
Was sollte die Elektrobranche aus deiner Sicht besser machen?
Sie sollte sich besser mit den Lernenden unserer Fachrichtung kurzschliessen, was den Inhalt der vermittelten Module angeht. In der Berufsschule lernen wir zum Beispiel sehr viel Netzwerktechnik und wenig über die Funktion von HLKS-Anlagen. Im Betrieb komme ich aber viel häufiger in Kontakt mit HLKS- als mit Netzwerkthemen. Es scheint noch niemand so genau zu wissen, was wir eigentlich in der Praxis machen. Da ist noch Potenzial. Das sehr wichtige Modul 345 «Kleinprojekte selbst koordinieren» wird derzeit online durchgeführt. Das ist aufwändig und manchmal nervig, aber es war die einzige Möglichkeit an der TBZ. Für ein anderes Modul hatte ich sogar Privatunterricht. Es gibt fast keine Lehrer, die die Module unterrichten dürfen.
Ein anderer Punkt, worauf die Elektrobranche aus meiner Sicht mehr achten müsste, ist die persönliche Schutzausrüstung auf Baustellen. Hier läuft nicht immer alles nach Vorschrift, was die Sicherheit der Mitarbeitenden beeinträchtigt.
Findest du, dass du einen modernen oder eher traditionellen Beruf erlernst?
Einen hochmodernen.
Was möchtest du zukünftigen Lernenden weitergeben?
Die Schulen sind wie gesagt bei der Gebäudeinformatik, Fachrichtung Planung, noch nicht ganz so weit, weil es ein neuer Beruf ist. Man muss deshalb gerne selbstständig lernen und für sich selbst einstehen, manchmal auch kämpfen, damit man die Module, wie oben beschrieben, richtig absolvieren kann. Es ist keine Lehre für jemanden, der gern mit dem Strom schwimmt, man muss sich durchsetzen können, auch bei den Kunden.
Was wirst du nach deiner Grundbildung machen?
Zuerst die BMS. Ich wollte sie zuerst während der Lehre machen, aber das wäre etwas viel geworden, und ich will lieber in der Lehre und danach in der BMS gute Noten haben als überall nur durchschnittliche. Später mache ich eventuell eine berufsbegleitende Ausbildung an einer Fachhochschule.
In welchen Bereichen hast du als Person bereits etwas (einiges) lernen können?
Ich habe gelernt, dass ich ein sehr komplexes Arbeitsumfeld habe und nicht immer alles genau verstehen muss. Früher habe ich immer alles im Detail recherchiert, aber das ist ja nicht bei jedem Thema möglich. Heute kann ich auch mal etwas gut sein lassen.
In den sechs Beiträgen im Jahr 2024 stehen vielversprechende und aufstrebende Talente der Elektrobranche im Mittelpunkt. Was denken sie, was erwarten sie, wie sehen sie die Branche? Lernen Sie, liebe Leserinnen und Leser, Persönlichkeiten kennen, die die Zukunft unserer dynamischen, spannenden und sehr zukunftsfähigen Branche mitgestalten werden. Alle porträtierten Lernenden tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, dass die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Schweiz in Angriff genommen werden kann.
Dies oder das?
Vorname: Michele
Name: Isenegger
Alter: 17
Hobbies: Fussball. Ich spiele bei den B-Junioren in Zollikon.
Lieblingsmodul Berufsschule: Allgemeinbildung
Lieblingsformel in der Elektrotechnik: U = R x I
Wunschnote Abschlussprüfung: Ein Sechser wäre genial, 5,3 wäre schön.
Zeit am Smartphone pro Tag: 4 Stunden, weil ich einen relativ langen Arbeitsweg habe.
Lieblingsmusik: Alles je nach Stimmung.
Lieblingsbuch/-film/-serie: Ich bin offen für alles.
Dein meistgehörter Song in diesem Jahr? Keine Ahnung.
Weitere Nachwuchstalente der Elektrobranche
Sina von Allmen, Lernende Elektroplanerin EFZ im 2. Lehrjahr
Thomas Neuhaus, Lernender Gebäudeinformatiker im 3. Lehrjahr
Nick Hebeisen, Elektroinstallateur-Lernender im 1. Lehrjahr
Patrick Müller, Lernender im dritten Lehrjahr zum Montage-Elektriker EFZ
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Der Nachwuchs ist eine Investition in die Zukunft! Die nachfolgenden Firmen unterstützen die Nachwuchsförderung im Rahmen der Aktion «Wir sind Zukunft» von EIT.swiss in Zusammenarbeit mit eTrends:
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