Neue Player in der Branche

Helmut Ruhl (links) und Simon Hämmerli: «Wer will, kann alles erreichen. Es gibt Lösungen für die Zukunft.»
Helmut Ruhl, CEO der Amag Gruppe (links) und Simon Hämmerli, Geschäftsführer von EIT.swiss.

Die Elektrobranche wird zunehmend «automobil», und die Automobilbranche wird zunehmend «elektrisch». Welche Chancen bietet dies den beiden Branchen, und kommen sie sich mittelfristig in die Quere? Wir erörtern es im Gespräch.


Autor: René Senn


Wir haben Simon Hämmerli, den Geschäftsführer von EIT.swiss, und Helmut Ruhl, den CEO der Amag Gruppe getroffen, um Gemeinsamkeiten zu finden, die beiden Branchen helfen, den Markt ökologisch und nachhaltig weiterzuentwickeln. Mit dem 2022 gegründeten Geschäftsbereich Amag Energy & Mobility, zu dem die Ladelösungen von Volton, die erneuerbare Stromversorgung von Helion und das Auto-Abo Clyde gehören, hat die Amag bereits einen grossen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gemacht. Das Innovationstempo ist berauschend.

Clyde, das Auto-Abo der Amag, ist aus deren Innovation und Venture Lab hervorgegangen. Clyde wird ab 2024 sogar nur noch elektrische Fahrzeuge anbieten, die perspektivisch mit dem Strom aus den PV-Anlagen von Helion versorgt werden sollen. Das spannende Detail an dieser Geschichte: Helion, und somit indirekt die Amag, ist nun Mitglied von EIT.swiss.

Helmut Ruhl hat Anfang 2023 an einer Pressekonferenz der Amag Gruppe gesagt, dass er sein Unternehmen ganz und gar nicht als Konkurrenz zur traditionellen Elektrobranche sehe. Gemeinsam mit seiner Branche will er die neuen Geschäftsfelder, die im Moment entstehen, entwickeln. In diesem Gespräch wollen wir deshalb von ihm und Simon Hämmerli erfahren, wie sich die Automobil- und Elektrobranche ergänzen und wo die Chancen für beide liegen. Wir haben die beiden Gesprächspartner im The square – new mobility hub der Amag am Flughafen Zürich getroffen.

Herr Ruhl, die Amag Gruppe gibt mächtig Gas oder besser gesagt Strom bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsziele. Im Rahmen dieser Strategie betritt sie ganz neue Geschäftsfelder. Können Sie uns dazu etwas verraten?

HR Der Weg zur Dekarbonisierung ist klar, und mit Nichtstun würden wir keine Ziele erreichen. Mit der Gründung des Bereichs Amag Energy & Mobility und der Akquisition von Helion haben wir 2022 einen wesentlichen Schritt zur Umsetzung unserer Strategie getan und die Rahmenbedingungen geschaffen, um die Potenziale der Koppelung der Sektoren Mobilität, Energie- und Immobilienwirtschaft zu nutzen.

Von der Autohändlerin/Importeurin zur Energiedienstleisterin?

HR Wir wollen uns zur führenden Anbieterin nachhaltiger individueller Mobilität entwickeln, indem wir unseren Kundinnen und Kunden moderne Mobilitäts- und Energielösungen anbieten. Mit Helion und Clyde bieten wir CO2-neutrale Mobilität mit Strom «made in Switzerland». Hinzu kommt, dass wir unsere Module auch von Meyer Burger beziehen, was ich als weiteres klares Statement für den Wirtschaftsstandort Schweiz sehe.

Das hört sich ambitioniert an.

HR Die Amag Gruppe hat die Ambition, bis 2040 einen klimaneutralen Fussabdruck gemäss Net Zero zu erreichen (siehe Box). Bereits heute produzieren wir mit unseren PV-Anlagen rund 2,16 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr – Tendenz steigend. Die Pläne für Helion sehen auch in den Folgejahren vor, dass mindestens der Strombedarf der von der Amag Gruppe in den Markt gebrachten BEV gedeckt wird.

Wird in Zukunft der Autohändler die Photovoltaik-Anlage verkaufen?

HR Das ist die Strategie. Natürlich mussten wir aus dem Unternehmensbereich Helion von Bouygues erst ein eigenständiges Unternehmen machen mit den Systemen und Abteilungsanbindungen, die ein Unternehmen benötigt. Derzeit schulen wir unsere Partner und Verkäufer, damit sie zum nötigen Basiswissen kommen, sattelfest werden und erklären können. Das ist auch unser Einstieg, um unseren Kundinnen und Kunden zu zeigen, dass sie bei uns mehr erhalten als nur ein Fahrzeug. Die Verkaufsargumente sprechen klar für eine solche Lösung. Ich kann Ihnen in einem Jahr sagen, ob es funktioniert hat.

Was erwarten Sie von einem Verband wie EIT.swiss, bei dem Helion, eine Firma aus einem eigentlich ganz anderen Bereich der Wertschöpfungskette, Mitglied geworden ist?

HR Mir kommt dazu folgender Spruch in den Sinn: Alle haben gesagt, es geht nicht, bis einer gekommen ist, der das nicht wusste und es einfach gemacht hat. Wir arbeiten alle im gleichen Gebiet, und es gibt eine gigantische Veränderung durch die Dekarbonisierung und durch die Elektrifizierung. Wir müssen alle neu denken und uns überlegen, wie wir zusammenarbeiten können, um die grosse Veränderung zu schaffen.

Ein spontanes Beispiel?

HR Wer eine eigene Solaranlage betreibt und ein Auto-Abo von Clyde abschliesst, erhält von uns 30 Rappen pro kWh für den erzeugten Strom. Dadurch verkürzt sich die Amortisationszeit der Solaranlage um drei Jahre. Dies wäre ein weiteres Verkaufsargument für jeden Installateur von PVAnlagen. Alle Kundinnen und Kunden von Clyde profitieren, unabhängig davon, welcher Elektriker ihre Anlage installiert hat. Im Klartext, falls das Ihre nächste Frage gewesen wäre: Nein, es muss keine Anlage von Helion sein (lacht). Der Installateur kann sich das emotionale Thema Fahrzeug im Verkauf zu Nutze machen, um das Herz des Kunden zu berühren. Strom wird so mit einer emotionalen Komponente verbunden.

Helmut Ruhl

Das hört sich ambitioniert an.

HR Die Amag Gruppe hat die Ambition, bis 2040 einen klimaneutralen Fussabdruck gemäss Net Zero zu erreichen (siehe Box). Bereits heute produzieren wir mit unseren PV-Anlagen rund 2,16 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr – Tendenz steigend. Die Pläne für Helion sehen auch in den Folgejahren vor, dass mindestens der Strombedarf der von der Amag Gruppe in den Markt gebrachten BEV gedeckt wird.

Wird in Zukunft der Autohändler die Photovoltaik-Anlage verkaufen?

HR Das ist die Strategie. Natürlich mussten wir aus dem Unternehmensbereich Helion von Bouygues erst ein eigenständiges Unternehmen machen mit den Systemen und Abteilungsanbindungen, die ein Unternehmen benötigt. Derzeit schulen wir unsere Partner und Verkäufer, damit sie zum nötigen Basiswissen kommen, sattelfest werden und erklären können. Das ist auch unser Einstieg, um unseren Kundinnen und Kunden zu zeigen, dass sie bei uns mehr erhalten als nur ein Fahrzeug. Die Verkaufsargumente sprechen klar für eine solche Lösung. Ich kann Ihnen in einem Jahr sagen, ob es funktioniert hat.

Was erwarten Sie von einem Verband wie EIT.swiss, bei dem Helion, eine Firma aus einem eigentlich ganz anderen Bereich der Wertschöpfungskette, Mitglied geworden ist?

HR Mir kommt dazu folgender Spruch in den Sinn: Alle haben gesagt, es geht nicht, bis einer gekommen ist, der das nicht wusste und es einfach gemacht hat. Wir arbeiten alle im gleichen Gebiet, und es gibt eine gigantische Veränderung durch die Dekarbonisierung und durch die Elektrifizierung. Wir müssen alle neu denken und uns überlegen, wie wir zusammenarbeiten können, um die grosse Veränderung zu schaffen.

Ein spontanes Beispiel?

HR Wer eine eigene Solaranlage betreibt und ein Auto-Abo von Clyde abschliesst, erhält von uns 30 Rappen pro kWh für den erzeugten Strom. Dadurch verkürzt sich die Amortisationszeit der Solaranlage um drei Jahre. Dies wäre ein weiteres Verkaufsargument für jeden Installateur von PVAnlagen. Alle Kundinnen und Kunden von Clyde profitieren, unabhängig davon, welcher Elektriker ihre Anlage installiert hat. Im Klartext, falls das Ihre nächste Frage gewesen wäre: Nein, es muss keine Anlage von Helion sein (lacht). Der Installateur kann sich das emotionale Thema Fahrzeug im Verkauf zu Nutze machen, um das Herz des Kunden zu berühren. Strom wird so mit einer emotionalen Komponente verbunden.

Simon Hämmerli, die Firma von Helmut Ruhl hat Showrooms und gut ausgebildete Verkäufer. Wie ist das in der Elektrobranche?

SH Installateure sind nach wie vor nicht sehr versiert im Verkauf von Emotionen. Sie verkaufen keine Sicherheit, sondern ein Schliesssystem, keine Lichtstimmung, sondern eine Lampe.

HR Warum ist das so?

SH Wenn Sie diese Frage beantworten können, wären wir sehr dankbar, wenn Sie unseren Mitgliedern Weiterbildungen im Emotionsverkauf anbieten würden (lacht). Sie verkaufen die Autos mit Emotionalität. Vielleicht hat es etwas mit dem Produkt zu tun. Autos erzeugen seit jeher Emotionen. Elektrizität ist etwas, das man weder sehen, anfassen noch riechen kann. Deshalb ist der Verkauf bei uns wohl immer noch sehr technisch. Sie helfen uns beim Aufrütteln, als Vorbild, das zeigt, dass man die Sache auch anders angehen kann.

HR Also ich kann Ihnen sagen, was wir gemacht haben: Wir haben uns vor zwei Jahren die Frage gestellt, warum es die Amag in zehn Jahren noch geben soll und welche Produkte und Dienstleistungen wir dann anbieten müssen, damit wir überhaupt noch Kundinnen und Kunden finden. Wie müssen wir uns – jede und jeder einzelne – verändern, damit junge Menschen in zehn Jahren bei uns eine Lehre machen? Anhand dieser Fragen haben wir unsere Vision und eine Strategie entwickelt. Das Ziel: Wir wollen die führende Anbieterin nachhaltiger individueller Mobilität werden.

Was heisst dies für die Mitglieder von EIT.swiss?

HR Sie könnten sich dieselben Fragen stellen wie wir. Wir haben für uns definiert: Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine fundamentale Veränderung in der Gesellschaft und Wirtschaft. Die Amag will 2040 auf netto null sein und ihre Emissionen um mindestens 90 Prozent verringern. Wir bauen auf alle Dächer, die wir besitzen, PV-Anlagen und produzieren den Strom für unsere Elektroautos selber. Was ist der Sinn? Die Autobranche ist in der Schweiz für 24 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich. Wenn wir unseren Beitrag leisten, verursacht die Schweiz deutlich weniger CO₂-Emissionen.


Die Amag Gruppe

Die Amag Group AG beschäftigt rund 7300 Mitarbeitende, davon über 770 Lernende. Sie hat die Ambition, bis 2040 einen klimaneutralen Fussabdruck gemäss Net Zero zu erreichen. Dafür will sie bis 2040 90% aller Emissionen reduzieren und den Rest mit geeigneten Technologien eliminieren. Sie bekennt sich zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens und zu den Science Based Targets. 

Dynamisch Die Amag Gruppe, bisher Automobilimporteurin, hat vor Kurzem die Helion Energy AG gegründet, ein neues Unternehmen in der Energiebranche. Die Amag befindet sich derzeit im Wandel und entwickelt sich zu einer Energiedienstleisterin, die eindrücklich zeigt, wie schnell sich die Branche verändert.


Ein konkretes Beispiel für die Installationsbranche?

HR Moment, ich bin noch nicht ganz fertig mit meinen Ausführungen. Die Mitglieder von EIT.swiss könnten sich in gleicher Weise auf den Gebäudesektor konzentrieren, denn er ist ähnlich positioniert wie die Autobranche. Sie können entweder kommunizieren, dass sie die Technik machen – oder dass sie einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität der Schweiz leisten.

Dies hört sich nach einer grossen Chance für die Elektrobranche an.

HR Ja, so sehe ich das. Das Ziel eines Installationsunternehmens kann sein, einfach Geld zu verdienen. Die andere Möglichkeit, der gestaltende Teil, ist zu helfen, dass die Schweiz ihre Klimaziele erreicht. Das ist eine andere Positionierung. Bei uns wirkt es.

Für den kleinen Installateur wird diese Veränderung nicht so einfach zu bewerkstelligen sein?

HR Wenn ich recht habe, dass Nachhaltigkeit kein Trend ist, sondern eine fundamentale Veränderung, dann wird das, worüber wir im Moment sprechen, irgendwann normal sein. Dann stellt sich die Frage, ob ich der Erste oder der Letzte bin, der in der neuen Normalität ankommt. Die Kundschaft wird sich merken, wer als Erster da war und wer mit Verzögerung dazugekommen ist.

Schläft die Elektrobranche, Simon Hämmerli?

SH Nein, es sind zwei Dinge: Die Elektriker sind erstens zu 120 Prozent ausgelastet. Ihre grösste Sorge ist, alles unter einen Hut zu bringen, die Ressourcen für den nächsten Tag auf der Baustelle zusammenzubringen. Dies führt dazu, dass sie aktuell keine Zeit haben, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen. Zweitens sind sie stark gefordert durch den Technologiewandel und das Verschmelzen der Gewerke. Installateurinnen und Installateure müssen sich deshalb geistig fundamental öffnen, was vor dem Hintergrund ihrer Auslastung nicht einfach ist. Sie müssen kontinuierlich in ihre Aus- und Weiterbildung investieren, um technisch am Ball zu bleiben, haben dafür aber kaum Zeit.

Keine einfache Aufgabe für die Branche.

SH Nein, leider nicht, aber es soll keine Ausrede sein. Eine weitere Schwierigkeit ist die Spezialisierung. Wenn sich ein Unternehmen auf einen Bereich spezialisiert, dafür extra eine Fachperson einstellt und dann in diesem Bereich am Anfang nur wenige Aufträge hat, verlässt der neue Spezialist das Unternehmen eventuell wieder, weil er zu wenig in seinem Bereich leisten kann. Es ist die Frage nach dem Huhn oder dem Ei, die unsere Branche derzeit beschäftigt.

Und zudem sind Elektromobilität und PV nicht die einzigen Themen, die die Elektrounternehmen im Moment beschäftigt, oder?

SH Genau, es geht bei uns auch um die Digitalisierung der Bauprozesse, um Smart Buildings bzw. Gebäudeinformatik und schlussendlich, wie in jeder Branche, um die Nachwuchsförderung. Ich möchte aber betonen, dass es Unternehmen gibt, die diese Chancen gepackt und investiert haben und die heute voll dabei sind.

Es spricht also einiges dagegen, dass die Elektrobranche in neue Geschäftsfelder einsteigt?

HR Es ist keine Rocket Science, es gibt immer Wege. Viele Kleine könnten sich ja zusammenschliessen, um in diesen neuen Geschäftsfeldern Fuss zu fassen. Wenn man will, kann man alles erreichen, ist deshalb unser neuer Slogan. Die Frage ist doch, was möglich ist, wie ich mit dieser neuen Situation zurechtkomme und wo ich die Vorteile für mein Unternehmen sehe, und nicht, was nicht geht. Und hier gibt es einiges an Potenzial, das für PV und die damit verbundenen Dienstleistungen spricht.

Was macht EIT.swiss in dieser Situation für die Mitglieder?

SH Wir versuchen möglichst, die Mitglieder zum Umgang mit diesen Veränderungen zu befähigen. Die Schlüsselbegriffe sind PV und Gebäudeinformatik. Wir wollen Denkanstösse geben wie zum Beispiel mit der Aktion mit dem ID.buzz. Für uns ist es schön, wenn wir den Mitgliedern zeigen können, welche Haltungen und Sichtweisen bezüglich Geschäftsentwicklung auch möglich sind.

Inzwischen fahren viele Installateure ein Elektroauto. Damit lässt sich eine PV-Anlage oder eine Wallbox sicher besser verkaufen, als wenn sie mit dem Benziner vorfahren. Von daher ist dieser Trend sehr förderlich für unsere Branche.

Beide Verbände haben die Roadmap 2025 des BFE unterschrieben und sich verpflichtet, die Elektromobilität zu fördern. Die Ziele sind: 50 Prozent Elektroautos, 20 000 öffentliche Ladestationen sowie nutzerfreundliches und netzdienliches Laden – zu Hause, am Arbeitsort und unterwegs. Was haben EIT.swiss und Amag bis jetzt unternommen?

SH Wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Mitglieder für die Installation von Ladestationen zu sensibilisieren und zu befähigen. Dazu bieten wir Kurse an. Unsere Mitglieder sind zudem in den Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur, insbesondere in Ein- und Mehrfamilienhäusern, bereits massgeblich involviert. Als Verband sind wir zudem politisch unterwegs, auch hinsichtlich des «Rechts auf Laden» für Stockwerkeigentümer. Ergänzend dazu sehe ich unser neues Berufsbild Gebäudeinformatiker, das die involvierten Gewerke auf digitaler Ebene zusammenführt.

HR Alle Massnahmen, über die wir am Anfang gesprochen haben, haben wir in Zusammenhang mit der Roadmap 2025 durchgeführt. Was ich noch nicht erwähnt habe: Wir haben bereits fünf Schnellladestationen an Amag Standorten gebaut und fünf Ladehäuser erstellt. Darunter verstehen wir bestehende Parkhäuser, die wir mit einer umfassenden Ladeinfrastruktur ausrüsten und die von Volton betrieben werden. Jeder kann diese öffentlichen Ladepunkte nutzen. Und natürlich führt unser Hersteller in allen Segmenten eine immer breitere Palette an Elektrofahrzeugen für unsere Schweizer Kundschaft.

Keine einfache Aufgabe für die Branche.

SH Nein, leider nicht, aber es soll keine Ausrede sein. Eine weitere Schwierigkeit ist die Spezialisierung. Wenn sich ein Unternehmen auf einen Bereich spezialisiert, dafür extra eine Fachperson einstellt und dann in diesem Bereich am Anfang nur wenige Aufträge hat, verlässt der neue Spezialist das Unternehmen eventuell wieder, weil er zu wenig in seinem Bereich leisten kann. Es ist die Frage nach dem Huhn oder dem Ei, die unsere Branche derzeit beschäftigt.

Und zudem sind Elektromobilität und PV nicht die einzigen Themen, die die Elektrounternehmen im Moment beschäftigt, oder?

SH Genau, es geht bei uns auch um die Digitalisierung der Bauprozesse, um Smart Buildings bzw. Gebäudeinformatik und schlussendlich, wie in jeder Branche, um die Nachwuchsförderung. Ich möchte aber betonen, dass es Unternehmen gibt, die diese Chancen gepackt und investiert haben und die heute voll dabei sind.

Es spricht also einiges dagegen, dass die Elektrobranche in neue Geschäftsfelder einsteigt?

HR Es ist keine Rocket Science, es gibt immer Wege. Viele Kleine könnten sich ja zusammenschliessen, um in diesen neuen Geschäftsfeldern Fuss zu fassen. Wenn man will, kann man alles erreichen, ist deshalb unser neuer Slogan. Die Frage ist doch, was möglich ist, wie ich mit dieser neuen Situation zurechtkomme und wo ich die Vorteile für mein Unternehmen sehe, und nicht, was nicht geht. Und hier gibt es einiges an Potenzial, das für PV und die damit verbundenen Dienstleistungen spricht.

Was macht EIT.swiss in dieser Situation für die Mitglieder?

SH Wir versuchen möglichst, die Mitglieder zum Umgang mit diesen Veränderungen zu befähigen. Die Schlüsselbegriffe sind PV und Gebäudeinformatik. Wir wollen Denkanstösse geben wie zum Beispiel mit der Aktion mit dem ID.buzz. Für uns ist es schön, wenn wir den Mitgliedern zeigen können, welche Haltungen und Sichtweisen bezüglich Geschäftsentwicklung auch möglich sind.

Inzwischen fahren viele Installateure ein Elektroauto. Damit lässt sich eine PV-Anlage oder eine Wallbox sicher besser verkaufen, als wenn sie mit dem Benziner vorfahren. Von daher ist dieser Trend sehr förderlich für unsere Branche.

Beide Verbände haben die Roadmap 2025 des BFE unterschrieben und sich verpflichtet, die Elektromobilität zu fördern. Die Ziele sind: 50 Prozent Elektroautos, 20 000 öffentliche Ladestationen sowie nutzerfreundliches und netzdienliches Laden – zu Hause, am Arbeitsort und unterwegs. Was haben EIT.swiss und Amag bis jetzt unternommen?

SH Wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Mitglieder für die Installation von Ladestationen zu sensibilisieren und zu befähigen. Dazu bieten wir Kurse an. Unsere Mitglieder sind zudem in den Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur, insbesondere in Ein- und Mehrfamilienhäusern, bereits massgeblich involviert. Als Verband sind wir zudem politisch unterwegs, auch hinsichtlich des «Rechts auf Laden» für Stockwerkeigentümer. Ergänzend dazu sehe ich unser neues Berufsbild Gebäudeinformatiker, das die involvierten Gewerke auf digitaler Ebene zusammenführt.

HR Alle Massnahmen, über die wir am Anfang gesprochen haben, haben wir in Zusammenhang mit der Roadmap 2025 durchgeführt. Was ich noch nicht erwähnt habe: Wir haben bereits fünf Schnellladestationen an Amag Standorten gebaut und fünf Ladehäuser erstellt. Darunter verstehen wir bestehende Parkhäuser, die wir mit einer umfassenden Ladeinfrastruktur ausrüsten und die von Volton betrieben werden. Jeder kann diese öffentlichen Ladepunkte nutzen. Und natürlich führt unser Hersteller in allen Segmenten eine immer breitere Palette an Elektrofahrzeugen für unsere Schweizer Kundschaft.

Was könnten Ihre beiden Branchen zusammen unternehmen? Wäre es nicht auch eine Chance, gemeinsam Weiterbildungen anzubieten, um das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen Technologien zu fördern?

HR Why not? Wir können das gerne aufnehmen. Wir bauen aktuell für 25 Millionen Franken unsere Amag Academy in Lupfig. In Zuchwil hat die Helion eine eigene Academy gebaut, um Quereinsteigende sowie Solarteurinnen und Solarteure auszubilden, und ab Sommer 24 bietet Helion auch Lehrstellen im Bereich Solaranlagen an. Es wäre sicher eine gute Idee, sich einmal an einem Fachnachmittag darüber auszutauschen. Das Gebäude als Kraftwerk und das Auto als Batterie: Die vernetzte und intelligente Kombination ist der richtige Weg.

Für die Elektrifizierung des Individualverkehrs braucht es die Fahrzeuge, aber natürlich auch eine umfassende Ladeinfrastruktur. Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Ladeinfrastruktur in der Schweiz?

HR Gerade bei der Installation von privater Ladeinfrastruktur können Installationsfirmen einen grossen Beitrag im Bereich der Beratung und Aufklärung leisten.

Müsste die Installation von Ladestationen gefördert werden?

HR Ich glaube, der Vorschlag für das «Recht auf Laden» von Jürg Grossen geht in die richtige Richtung. Die Mieter bezahlen die Installation usw., sie haben aber das Recht darauf, dass ihnen der Vermieter eine Installation zur Verfügung stellt bzw. diese erlaubt. Ich denke nicht, dass es eine Frage des Geldes ist.

SH Was macht die Amag politisch, damit dieser Entscheid endlich kommt? Ihr seid ja auch abhängig davon.

HR Wir sind über Auto Schweiz und Swiss-e-Mobility aktiv, um hier eine Lösung zu finden. Ich spreche immer darüber, wenn ich eine Gelegenheit habe. Es fehlt ja nicht an der Erkenntnis, es braucht einfach eine Lösung, bald.

 

Herzlichen Dank, Simon Hämmerli und Helmut Ruhl, für dieses sehr spannende und aufschlussreiche Gespräch. Das Fazit ist klar: Es gibt grosse Chancen und ein riesiges Auftragspotenzial für alle Parteien, das es jetzt zu nutzen gilt. Jeder für sich im angestammten Bereich, aber auch mit einem gemeinsamen Engagement angesichts der anstehenden fundamentalen Veränderung.

Dies oder das?

Mit Helmuth Ruhl

Antrieb der Zukunft: Wasserstoff, Elektro, synthetische Kraftstoffe?

Elektrisch

Individuelle Mobilität ist…

ein Traum

Auto: mieten oder kaufen?

Kaufen

Wer montiert zukünftig die Ladestation? Elektriker oder Garagisten?

Der Elektriker, und wir freuen uns, dass wir bei uns auch Elektriker haben.

Zug oder Auto?

Beides

Microlino oder Q8?

Microlino, aber natürlich muss ich bei dieser Frage passen (lacht).

Dies oder das?

Mit Simon Hämmerli.

Antrieb der Zukunft: Wasserstoff, Elektro, synthetische Kraftstoffe?

Kurzfristig Mischform, langfristig elektrisch mit einem kleinen Anteil Wasserstoff

Individuelle Mobilität ist…

schön

Auto: mieten oder kaufen?

Langfristig mieten

Wer montiert zukünftig die Ladestation? Elektriker oder Garagisten?

Elektriker

Zug oder Auto?

Situationsabhängig

Microlino oder Q8?

Q8

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