Die aeesuisse vertritt als Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz die Interessen von 35 Branchenverbänden und damit rund 550 Unternehmen in der Schweiz. In ihrem Sinne setzt sie sich ein für eine fortschrittliche und nachhaltige Energie und Klimapolitik. Sie informiert, sensibilisiert und mobilisiert für eine konsequente und beschleunigte Umsetzung der Energiestrategie 2050 und gestaltet die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen proaktiv mit – auf nationaler und kantonaler Ebene.

Urs Domenig, CFO der Burkhalter Gruppe, spricht im Interview über politische Hebel und die Rolle der Elektrobranche in der Energiewende sowie über die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit in der Planung und auf der Baustelle.
Autorin: Laura Kopp, Bilder: Michael Donadel
Urs Domenigs Perspektive basiert auf der Arbeit in der Fachgruppe «Gebäude und Energieeffizienz» – einem Gremium der aeesuisse, das Fachwissen aus der Praxis in politische Prozesse einbringt. Doch was bedeutet dieses Engagement konkret für Planer, Installateure oder Systemintegratoren? Und wie lassen sich die Interessen der Gebäudetechnik wirksam in die Energiepolitik einbringen? Im Interview beantwortet er unter anderem diese Fragen.
Weshalb engagiert sich die Burkhalter Gruppe bei aeesuisse, dem Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz?
Die Burkhalter Gruppe will aktiv zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele beitragen. Der Gebäudebereich spielt dabei eine zentrale Rolle. Vor diesem Hintergrund fusionierten wir im Sommer 2022 denn auch mit Poenina. Seither gehört die Burkhalter Gruppe zu den wichtigsten und grössten Playern in der gewerkübergreifenden Gebäudetechnik. Ein Engagement für die aeesuisse passt gut zur Ausrichtung und zu den Zielen der Burkhalter Gruppe.
Wie kam es zu diesem Engagement?
Ehrlich gesagt, hatte ich die aeesuisse bis dann nicht wirklich auf dem Radar. Vor einiger Zeit kam sie auf uns zu und fragte, ob wir uns aktiv in die Fachgruppe «Energieeffizienz / Gebäude» einbringen möchten. Für die Burkhalter Gruppe sind dies zentrale Themen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass Burkhalter ihre Expertise und die Sichtweise aus der Praxis einbringen kann.
In der Fachgruppe sind unterschiedliche Gewerke vertreten. Wie gelingt es, die eigenen Interessen, also die Interessen der Gebäudetechnik, einzubringen?
Es ist wichtig, dass sich die einzelnen Gewerke nicht gegeneinander ausspielen. Gebäudehülle und Gebäudetechnik gehören zusammen. Es nützt nichts, wenn ich im Bereich Gebäudetechnik energieeffiziente Lösungen verkaufe, die dann wegen alter Fenster oder ungenügender Isolation nichts bringen. Es geht darum, das Gebäude als Ganzes energetisch zu verbessern. Das sollte auch das Ziel der Fachgruppe sein. Die verschiedenen Gewerke müssen als einheitliche Stimme auftreten und sich gemeinsam positionieren. Nur so können wir unsere Anliegen durchsetzen.
Was sind die Vorteile der gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit?
Etwas salopp gesagt: Auf der Baustelle kann kein Gewerk mehr einem anderen die Schuld zuschieben, denn alle sitzen im gleichen Boot. Anders formuliert: Der gesamte Prozess – von der Planung bis hin zur Installation – wird einfacher und effizienter, auch für die Kundschaft. Es entsteht ein gegenseitiges Verständnis.
Die Sparmassnahmen des Bundes betreffen auch energiepolitische Massnahmen, so zum Beispiel das Gebäudeprogramm. Wie geht die Fachgruppe bzw. die aeesuisse mit dieser Situation um?
Wir setzen uns für die Weiterführung des Gebäudeprogramms ein und zeigen dessen Nutzen auf. Dafür braucht es einfache, einheitliche und klare Botschaften. Wir müssen den Mehrwert der bisherigen energiepolitischen Massnahmen aufzeigen. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn Massnahmen umgesetzt werden können, sei es durch Subventionen oder durch den Abbau von Hürden. Wir können nicht den Fünfer und das Weggli haben.
Was beschäftigt die Fachgruppe sonst noch?
Die Vereinfachung der Bewilligungsverfahren ist aus unserer Sicht auch sehr wichtig. Wir setzen uns dafür ein, dass nicht nur die Installation von Photovoltaikanlagen, sondern auch andere Massnahmen, z.B. der Heizungsersatz, von einfacheren Baubewilligungsverfahren profitieren.
Baubewilligungen sind aber Sache der Kantone und nicht des Bundes …
Ja, das ist so. Wir haben uns aber im Rahmen der Anhörung zu den MuKEn 2025 (Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich) eingebracht und unsere Forderungen platziert. Zudem stellen wir unsere Positionen den Sektionen zur Verfügung, damit sie auf kantonaler Ebene entsprechend Einfluss nehmen können. Auf Bundesebene fokussieren wir uns derzeit aber natürlich auf das Gebäudeprogramm. Wir müssen die Finanzpolitikerinnen und -politiker vom Nutzen des Gebäudeprogramms überzeugen.
Was antwortet ihr auf die etwas provokative Behauptung «das Gebäudeprogramm existiert seit x Jahren, aber die Sanierungsquote ist immer noch viel zu tief»? Hat das Gebäudeprogramm wirklich etwas gebracht?
Ja, das hat es. Es kann Kundinnen und Kunden dazu motivieren, mehr Massnahmen als ursprünglich geplant umzusetzen. Als Unternehmen müssen wir unsere Kundschaft über diese Möglichkeit informieren und ihr den Nutzen aufzeigen. Wir haben sehr viele Gebäude, die energetisch saniert werden müssen. Es braucht unterstützende Massnahmen, damit die energie- und klimapolitischen Ziele erreicht werden können.
Urs Domenig ist seit 2010 für die Burkhalter Gruppe tätig. Seit Januar 2022 ist er CFO und Mitglied des Managements. Sein beruflicher Werdegang begann mit einer «Stromer- Lehre», danach absolvierte er ein Studium in Prozess- und Anlagetechnik (Vertiefung Elektrotechnik) an der HTW Chur, er ist fachkundig gemäss NIV 2002, machte einen EMBA an der Universität St. Gallen sowie ein MAS in Corporate Finance am IFZ in Rotkreuz. Von 2010 bis 2021 war Urs Domenig bei der Electra Buin SA in Scuol tätig – zunächst als Projektleiter, später als Geschäftsführer.
Dem Vorstand von aeesuisse gehören Parlamentarierinnen und Parlamentarier an, aber auch Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Fachgruppen. Wie läuft die Zusammenarbeit?
Das erkläre ich gerne an einem aktuellen Beispiel. Wir beschäftigen uns derzeit mit dem Stromabkommen. Bei diesem Thema hat eine Fachgruppe den Lead, andere Fachgruppen können auf Wunsch und bei Bedarf mitarbeiten. Wir unterstützen uns gegenseitig, es braucht alle Bereiche. Wenn sie nicht zusammenspielen, erreichen wir unsere Ziele nicht. Für die Fachgruppe Gebäude / Energieeffizienz sind in Sachen Stromabkommen z. B. die vollständige Liberalisierung des Strommarkts oder die Stabilität des Netzes interessant.
Apropos Strom: In Sachen Stromproduktion stehen sicherlich auch spannende Diskussionen an?
Ja, in der Tat. Hier ist es wichtig aufzuzeigen, dass wir die kommenden Herausforderungen auch mit neuen Technologien lösen können. Aus meiner Sicht gehört es zu den Aufgaben der aeesuisse, aufzuzeigen, welche Lösung für die Schweiz die beste ist.

Werfen wir einen Blick auf die Praxis. Kennen Kundinnen und Kunden Massnahmen wie ZEV, virtuelle ZEV oder LEG?
Der Burkhalter Gruppe ist es wichtig, Informationen über derartige Möglichkeiten zu verbreiten und sie zu erklären. Das und der interne Knowhow-Transfer gehören unter anderem zu den Aufgaben des Teams Swiss Projects von Burkhalter Services.
Ist die Burkhalter Gruppe mit ihrem Engagement für die Energiepolitik ein Vorbild für die Elektrobranche?
Ob wir ein Vorbild sind, kann ich nicht beurteilen. Letztlich muss jeder Unternehmer schauen, dass es am Ende «hinten rechts» stimmt. Wir haben für uns diesen Weg gewählt. Der Gebäudebereich bietet uns ein grosses Potenzial, das wir nutzen können. Und wir möchten unseren Kundinnen und Kunden eine Gesamtlösung bieten und für sie Ansprechpartner sein.
Verpassen andere Betriebe diese Chance?
Das würde ich so nicht sagen. Die Elektrobranche ist stark fragmentiert. Aus meiner Sicht ist die Energiestrategie eine Chance, und die Stromer spielen hier eine zentrale Rolle. Weshalb sollten wir diese gute Ausgangslage nicht nutzen und uns diese Möglichkeit von anderen wegnehmen lassen? Es braucht aber natürlich eine gewisse Unternehmensgrösse.
Braucht es denn unterschiedliche Verbände?
Ja, unbedingt. EIT.swiss hat andere Herausforderungen als suissetec. Eine Zusammenarbeit auf Verbandsebene kann nicht mit der Zusammenarbeit auf dem Bau verglichen werden. Gerade in Sachen Installationsbewilligung braucht es einen starken Branchenvertreter. Das spricht aber nicht gegen eine situative Zusammenarbeit auf Verbandsebene.
Welchen Eindruck hast du aktuell von der Elektrobranche?
Seit ich meine Lehre als Stromer abgeschlossen habe, hat die Branche gewaltige Schritte gemacht. Bei der Arbeitssicherheit hat sie sich deutlich verbessert, auch bei der Digitalisierung hat sich viel bewegt. Natürlich haben wir hier noch Potenzial. Die Angst vor der Automation ist bei einigen von uns noch tief verankert. Trotzdem: Die Branche hat sich entwickelt. Wir sind effizienter und schneller geworden.
Wo steht die Elektrobranche in zehn Jahren?
Sie bleibt vielfältig, geprägt von kleinen und grossen Betrieben. Trotz Digitalisierung und KI bleibt die Elektrobranche ein sicherer Arbeitgeber – mit viel Arbeit, echten Perspektiven und einer Schlüsselrolle für die Energiewende.
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Textquelle: Laura Kopp
Bildquelle: Michael Donadel
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