Die Energiekosten steigen und gesetzliche Anforderungen wachsen. Doch viele Unternehmen wissen gar nicht, wo genau ihre Energie verschwindet. Philipp Richner von ABB Schweiz zeigte in seinem Vortrag auf der electro-tec 2025 in Bern, wie man mit gezieltem Monitoring und einfachen Massnahmen grosse Effekte erzielt.


Redaktionelle Bearbeitung: eTrends


«Ohne Transparenz haben wir eigentlich keine Chance, gezielt zu handeln», sagt Philipp Richner gleich zu Beginn seines Vortrags mit dem Titel «Wie erkennt man unnötige Energiefresser?». Mit dem Einstiegssatz war das Thema natürlich schon gesetzt: Energieeffizienz beginnt nicht mit der Technik, sondern mit dem Wissen. Oder anders gesagt: Wer nicht weiss, wo die Kilowattstunden fliessen, kann sie auch nicht stoppen.

Ein grosser Teil des Energieverbrauchs entzieht sich der Wahrnehmung. Das Stichwort lautet Grundlast. Monitore, Router, Heizungspumpen und Ladegeräte laufen häufig rund um die Uhr, obwohl sie nur sporadisch gebraucht werden. Die einzelnen Verbräuche mögen klein sein. In der Summe machen sie oft den Unterschied. Besonders in Bürogebäuden kann das schnell zu einem Dauerverbrauch im Kilowattbereich führen – etwa nachts oder am Wochenende, wenn niemand mehr da ist.

Priorisieren statt pauschal messen

«Es macht keinen Sinn, pauschal alles zu messen. Wir priorisieren», sagt Richner. Zuerst wird dort gemessen, wo viel zu holen ist – etwa auf Ebene von Stockwerken, Verteilungen oder Hauptverbrauchern. Auffälligkeiten lassen sich später mit Einzelmessungen vertiefen.

Die passenden Werkzeuge dafür gibt es längst. CMS-Stromsensoren, kommunikationsfähige Zähler, mobile Logger und smarte Steckdosen stehen bereit. Entscheidend sei aber nicht das Gerät, sondern der Umgang damit. Nur wer seine Daten auch analysiert, kann erkennen, wo sich Energie sparen lässt. Besonders wichtig ist die Zeitdauer. «Empfohlen ist mindestens ein bis zwei Monate», sagt Richner. Einzelne Tage oder Wochen sagen zu wenig aus. Vor allem, wenn Feiertage oder Ausnahmesituationen den Verbrauch verzerren.

Ein Praxisbeispiel zeigt, wie gross das Potenzial ist. In einem Grossraumbüro, ausgestattet mit Monitoren, Dockingstationen, höhenverstellbaren Tischen und diversen Ladegeräten, konnten durch einfache Zeitschaltungen zweistellige Einsparungen erzielt werden. Viele dieser Geräte liefen rund um die Uhr. Und das an sieben Tagen pro Woche. Die Massnahme war banal. Eine zentrale Abschaltung über Nacht genügte. Der Effekt hingegen war messbar.

 

Gesetzliche Pflicht und wirtschaftliche Chance

Richner verweist auch auf die regulatorischen Entwicklungen. In der Schweiz verpflichtet das Energiegesetz grosse Gebäude bereits heute zu Monitoring und zum Nachweis von Einsparungen. Wer Fördermittel beantragen will, muss Verbrauchsdaten liefern. Und wer das Potenzial kennt, muss auch handeln. In vielen Fällen ist das gesetzlich vorgegeben. Das betrifft Planer genauso wie Eigentümer.

«Messen, auswerten, Massnahmen definieren und dann nicht vergessen: überprüfen, ob es auch etwas bringt», sagt Richner. Dazu gehört auch, aus Fehlern zu lernen – etwa wenn ein einmaliger Verbrauchsspitzenwert noch nichts aussagt. Oder wenn alte Heizpumpen heimlich im Sommerbetrieb weiterlaufen, ohne dass es jemand merkt.

Am Schluss geht es um ein Prinzip, das sich durchzieht. Wer Energie sparen will, braucht keine Hightech-Offensive, sondern eine Strategie. Und manchmal reicht schon eine Steckerleiste mit Schalter, um den ersten Schritt zu machen.

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Häufige Fragen zur Energieoptimierung in Gebäuden

Wie erkenne ich, ob mein Gebäude eine zu hohe Grundlast hat?

Ein Indikator ist der Energieverbrauch ausserhalb der Betriebszeiten. Wenn nachts oder am Wochenende mehr als ein paar Hundert Watt verbraucht werden, obwohl niemand anwesend ist, besteht vermutlich Optimierungspotenzial.

Welche Geräte sind typische heimliche Energiefresser?

IT-Infrastruktur wie Router, Switches, Monitore oder Dockingstationen, aber auch Heizungsumwälzpumpen, Beleuchtung ohne Bewegungsmelder oder nicht genutzte Ladegeräte. Diese Geräte laufen oft rund um die Uhr.

Welche Messgeräte eignen sich für den Einstieg?

Smarte Steckerleisten mit Verbrauchsmonitoring, mobile Energie-Logger oder CMS-Stromsensoren in der Verteilung bieten einen einfachen Einstieg. Für grössere Anlagen empfiehlt sich der Einsatz kommunikationsfähiger Energiezähler.

Wie lange sollte gemessen werden?

Philipp Richner empfiehlt eine Dauer von mindestens ein bis zwei Monaten. Erst dann lassen sich Muster erkennen und zuverlässige Aussagen treffen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten in der Schweiz?

Das Energiegesetz (EnG) und die Energieverordnung (EnV) verlangen bei grösseren Gebäuden Verbrauchsmonitoring, den Nachweis von Einsparungen und teils konkrete Effizienzmassnahmen als Fördervoraussetzung oder Pflicht.

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Checkliste: Energieoptimierung starten

1.      Stromverbrauch ausserhalb der Betriebszeiten prüfen

2.      Verteilungen mit hohem Grundverbrauch identifizieren

3.      Messgeräte temporär oder dauerhaft installieren

4.      Lastprofile analysieren (Tag/Nacht/Woche)

5.      Massnahmen definieren (z. B. zentrale Abschaltungen)

6.      Wirkung der Massnahmen überprüfen (Vorher-/Nachher-Vergleich)

7.      Monitoring als Regelprozess etablieren

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