
Am 5. September versammelten sich in Embrach Wissenschaftler, Politiker und Unternehmer zum Circular Economy Symposium der Kyburz Switzerland AG. Unter dem Motto «Energie. Klima. Verantwortung» diskutierten die Teilnehmer konkrete Wege zu einer kreislauforientierten Energiewende.
Text: Nicola Senn
Fotos: Jeton Shali / Kyburz Switzerland AG
«Das in den Köpfen der Fachleute liegende Wissen müssen wir verteilen.» Mit dieser Forderung leitete der Gründer und Geschäftsführer der Kyburz Switzerland AG das vierte Circular Economy Symposium ein. Die Veranstaltung fand im erst kürzlich fertiggestellten neuen Hauptsitz des Gastgebers statt, welcher die im Symposium diskutierten Kreislaufprinzipien verkörpern soll. Kyburz’ Aussage zeigte gleich die Richtung: Wissensaustausch und Offenheit standen im Mittelpunkt. «Schaut es euch heute alles genau an und macht es bitte noch besser», ergänzte er und unterstrich damit die Open-Source-Philosophie von Kyburz, Innovationen zu teilen und voneinander zu lernen.

Batterien auf dem Vormarsch
Den fachlichen Auftakt machte Prof. Dr. Maximilian Fichtner, Batterieexperte der Universität Ulm, mit einem Überblick über drei Antriebstechnologien der Zukunft: batterieelektrischer Antrieb, Wasserstoff und E-Fuels. Fichtners Erkenntnisse zusammengefasst:
Wasserstoff hat das Problem der Energieeffizienz. In der gesamten Energiekette von der Erzeugung bis zur Umwandlung in Fahrstrom geht der Grossteil (rund 80 %) der Energie verloren. Nur rund 20 % der initial eingesetzten Energie kommt schlussendlich noch in den Rädern an. Hinzu kommen Herausforderungen wie hohe Wasserstoffpreise, ungenügend ausgebaute Tankinfrastruktur sowie die knappe Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff.
E-Fuels seien aktuell noch präsenter auf dem Papier als in der Realität. Von den bis 2035 global angekündigten Projekten mit insgesamt 45 TWh Jahreskapazität seien 99 Prozent noch ohne finale Investitionsentscheidung, so Fichtner. 45 TWh/a entspräche gerade einmal etwa einem Tausendstel der weltweiten Ölproduktion. Für die Individualmobilität stellt Fichtner E-Fuels daher aktuell noch in Frage – einen besseren Einsatz sieht er beispielsweise für den Flug- oder Schiffsverkehr, wo man auf hohe Energiedichten angewiesen sei.
Batterieelektrische Fahrzeuge punkten hingegen mit einem Wirkungsgrad von 70 bis 80 % der eingesetzten Energie. Vereinzelte chinesische Hersteller sind bereits dabei, Modelle mit Reichweiten von über 1’000 km auf den Markt zu bringen. Hinzu kommt, dass der CO₂-Fussabdruck von BEVs bereits bis zu über 70 % unter jenem von Fahrzeugen mit fossilen Antrieben liegt. Laut Fichtner wird es in Zukunft entscheidend sein, dass Batterien zunehmend frei von kritischen Rohstoffen werden – so beispielsweise bei der Natrium-Ionen-Batterie.
Fichtner schloss mit einem Zitat des ehemaligen saudischen Ölminister, Scheich Ahmed Yamani:
«Das Steinzeitalter ging nicht zu Ende, weil es an Steinen mangelte, und das Ölzeitalter wird nicht zu Ende gehen, wenn das Öl knapp wird.»

Energiewende durch Investitionswende
Klimaschutz und Energiewende gehen für Roger Nordmann, ehemaliger SP-Nationalrat, Hand in Hand. Die Schweiz sieht er auf dem Weg zur Energiewende bereits bei einem Fortschritt von 40 %. Der «Gamechanger» sei die Batterietechnologie. Positiv hob er hervor, dass der Schweizer Stromverbrauch in den letzten 20 Jahren nicht gestiegen sei, was sich auf Effizienzgewinne zurückführen lässt. Um den Energiebedarf für die Sommer- und Winterzeit mit Erneuerbaren zu decken und sich gleichzeitig von der Atomkraft loszukoppeln, brauche es allerdings deutlich höhere Investitionen vom Bund.
Im Jahr 2024 stand die Schweiz bei knapp unter 10 % an Solarstromanteil am Strommix. In Deutschland lag dieser bei knapp 15 %. Hier herrsche noch Luft nach oben. Nordmanns Appell an die Politik: «Die Schweiz braucht eine Investitionswende. Um mit der Energiewende nachhaltig voranzukommen, müssen rund 2 % des BIP in den Stromsektor investiert werden», so Nordmann. Aktuell liegt dieser Wert bei knapp der Hälfte, also bei einem Prozent.

Energiewende ist gleich Stoffwende
«Es gibt keine Energiewende ohne eine Stoffwende» – so die Kernbotschaft des Referats von Marcel Gauch vom Technology & Society Lab der Empa. Batterietechnologie lasse sich zwar auf die Grösse gigantischer Stromnetzspeicher skalieren – so beispielsweise bei dem Al Dhafra Solarkraftwerk in Abu Dhabi mit einer geplanten Speicherkapazität von rund 19 GWh. Entscheidend für die Nachhaltigkeit sei allerdings auch das Recycling.
Kyburz selbst betreibt eine hauseigene Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien. Mit dieser können bereits über 90 % der Rohmaterialien zurückgewonnen werden. Wie genau das Unternehmen dabei vorgeht, haben sie auf ihrer Webseite detailliert erklärt. Gauch sieht ein Potenzial in den vielseitigen Alternativen an Batterietechnologien. Ob Natrium-Ionen-Batterie, Lithium-Schwefel oder Solid-State-Batterien, die Forschung werde zunehmend höhere Energiedichten ermöglichen, sodass ganz neue Anwendungsbereiche erschlossen werden könnten. Auch die Lebensdauer der Batterien spielt eine zentrale Rolle.
«Die Fahrzeugbatterien halten bereits deutlich länger, als es der öffentliche Diskurs vermuten lässt», hebt Marcel Gauch hervor. Dies führe dazu, dass weniger Altbatterien pro Jahr für das Recycling anfallen, als ursprünglich prognostiziert.
«Die Fahrzeugbatterien halten bereits deutlich länger, als es der öffentliche Diskurs vermuten lässt.» Marcel Gauch

Von der Theorie in die Praxis
Neben den Fachvorträgen lebte das Circular Economy Symposium auch von konkreten Beispielen. So boten die Architekten Lush Manrecaj und Dani Ménard eine Führung durch den Kyburz Neubau, bei welchem Kreislaufwirtschaft in der Konzeption mitgedacht wurde. Dies zeigt sich in der Auswahl von langlebigen und nachhaltigen Materialien wie in der Flexibilität und dem Energiekonzept des Baus, der das Potenzial des Tageslichtes sowie der Solarenergie nutzt, um einen nachhaltigen Betrieb zu gewährleisten.
In einem weiteren Workshop zeigte Christoph Fässler (Modual AG, Brunnen SZ) das Potenzial von Second-Life-Speichern. Batterien, deren Kapazität zu niedrig für die Fahrzeuge ist, eignen sich weiterhin zur stationären Speicherung von Energie in Gebäuden. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist es, die Lebensdauer von Produkten mit kritischen Rohstoffen zu maximieren. Als wachsendes Unternehmen steht die Modual AG in einem herausfordernden Markt im Wettbewerb mit grossen asiatischen Herstellern. Diese haben meistens einen signifikanten Preisvorteil. Dennoch nimmt man sich der Herausforderung an. Nicht zuletzt, da es aus umwelttechnischen Gründen deutlich sinnvoller ist, auf Second-Life-Batterien zu setzen.

Fazit: Mut zur Umsetzung gefragt
Das vierte Circular Economy Symposium hinterliess einen motivierenden Eindruck. Das Commitment und die Zuversicht der einzelnen Teilnehmenden waren deutlich erkennbar. Die Schweiz steht nicht vor einem Technologie-, sondern vor einem Umsetzungsproblem. Was es braucht, sind Mut zur konsequenten Umsetzung und die Bereitschaft zu notwendigen Investitionen, ohne die die Technologien nicht skaliert werden können. Wie einst beim Bau der Schweizer Speicherkraftwerke durch unsere Vorfahren sind heute grossangelegte Investitionen in eine nachhaltige Energiezukunft gefragt.
Die Lösungen sind da: von effizienten Batteriesystemen über nachhaltige Baukonzepte bis hin zu innovativen Recyclingverfahren. Die Kreislaufwirtschaft erweist sich dabei nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern ein zentraler Baustein für eine erfolgreiche Energiewende. Kyburz' Open-Source-Philosophie könnte zum Katalysator werden:
«Schaut es euch […] genau an und macht es bitte noch besser.»
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Text: Nicola Senn
Fotos: Jeton Shali / Kyburz Switzerland AG
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